Zentrum für Türkeistudien will stärkeren Islam in Deutschland – Ratsmodell soll’s regeln

September 6, 2006 by  

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Lebenslustig: Faruk Sen

Faruk Sen ist der Leiter des Zentrums für Türkeistudien in Essen. Er hat soeben einen 12-Punkte-Katalog vorgestellt. Titel: „Maßnahmen zur Förderung des Zusammenlebens mit dem Islam in Deutschland – Stärkung und Verantwortungsübernahme des Islam als Integrationsstrategie“. Bei der Bewertung dieses Katalogs werde ich, wie gelegentlich bei diesem Themenkreis, den Pfad der politischen Korrektheit gerne verlassen.

Laut Sens Papier leben 3,5 Mio. Türken in Deutschland. In Düsseldorf weist das städtische Amt für Statistik derzeit 15.332 Türken aus, migration.online dagegen nennt die Zahl 16.907. Eingebürgerte Türken sind in dieser Aufstellung nicht enthalten. Damit ist der Anteil türkischer Mitbürger in Düsseldorf noch verschwindend gering gegenüber Köln, wo man bereits 100.000 Menschen islamischen Glaubens zählt. Diese Mitbürger, deren weiblicher Teil uns zunehmend mit Kopftüchern und knöchellanger Kleidung begegnet, haben sich laut Faruk Sens Institut immer stärker der Religion zugewandt. Befragungen des Instituts unter jeweils 1000 türkischstämmigen Migranten im Jahr 2000 sowie im Jahr 2005 belegen das. Vor sechs Jahren bezeichneten sich 7,6 % der Befragten als „sehr religiös“, im letzten Jahr waren es 28,1 %! Zusätzliche 55 % der bei uns lebenden Menschen aus der Türkei bezeichnen sich als „eher religiös„.

Das Zentrum für Türkeistudien unter seinem – auch nach unseren Maßstäben – durchaus lebenslustigen Leiter fordert in dem Papier (Kommentare dazu in kursiver Schrift):

  • 1. Politische und gesellschaftliche Anerkennung – Gleichstellung mit Christen- und Judentum. Die Bevorzugung der etablierten Religionsgemeinschaften und die „Sonderbehandlung des Islam“ seien „rechtlich nicht haltbar und integrationspolitisch kontraproduktiv“. Hierzu sei darauf hingewiesen, dass hierzulande, im Gegensatz zur Türkei, Religionsfreiheit gilt. Die mangelnde Anerkennung des Islam krankt in erster Linie daran, dass er keine organisierte Repräsentanz hat, die für die breite Mehrheit sprechen könnte.
  • 2. Rechtliche Anerkennung – statt der staatskirchlichen Anerkennung soll ein „Ratsmodell“ anerkannt werden, bei dem „die zentralen muslimischen Organisationen sowie weitere integrationsrelevante Organisationen und Institutionen die Belange und Interessen der Muslime gegenüber dem Staat artikulieren“. (Ampeln auf Grün für Minarette, Muslima-Schwimmen unter Ausschluss Anderer, flächendeckende Befreiung muslimischer Mädels vom Sportunterricht und von der Teilnahme an Klassenfahrten, Arbeitszeitregelung gemäß moslemischem Feiertag und Gebetszeiten, Einführung einer Scharia Light für Alle? Die größte Organisation der Muslime ist DITIB, sie steht für den türkischen Staatsislam mit der Trennung von Staat und Kirche, sie wird aus Ankara gelenktDie zweitgrößte Organisation ist Milli Görus. Auf diesen Verein, der seinen Sitz in Kerpen bei Köln hat und laut WDR von der Türkei unterstützt wird, passt – Gottseidank – der Verfassungsschutz auf. Wer also spricht für die Muslime?)
  • 3. Ausbau der sozialen Dienste für Muslime – die soziale Versorgung der Muslime sei unzureichend, „da die kirchlichen, kommunalen und freien Träger von sozialen Diensten  oft nicht über die nötige kulturspezifische und personelle Kompetenz verfügen, um die Bedürfnisse der Muslime zu kennen und durch spezifische Angebote hierauf reagieren zu können“. (Dies wird nicht näher erläutert und wirft Fragezeichen auf)
  • 4. Finanzielle Förderung muslimischer Organisationen – „Ein Bewußtseinswandel, nach dem muslimische Organisationen nicht mehr als Gefahr für die Gesellschaft, sondern als Chance zur Erzielung von Integration und Gemeinsamkeit wahrgenommen werden, kann durch die Politik angestoßen und unterstützt werden. Eine derartige Anerkennung kann auch über finanzielle Förderung vermittelt werden, auch für den Bau von Moscheen„. (Erstens: Den Bewußtseinswandel könnten die Türken durch massive Distanzierung vom Terror exzellent selbst herbeiführen. Zweitens: In der Türkei darf die christliche Kirche nicht einmal eine Kapelle errichten, hier soll der deutsche Steuerzahler Moscheen fördern? Für die Monstermoschee in Duisburg haben wir bereits zwei Mio. Euro locker gemacht, während christliche Kirchen zum Teil aus Geldmangel verkauft werden müssen.)
  • 5. Einführung von islamischem Religionsunterricht als Regelunterricht – am Konzept sollen „die islamischen Dachorganisationen, Vertreter des jeweiligen Bundeslandes sowie auch Vertreter der Herkunftsländer der Muslime“ beteiligt werden. (DITIB? Milli Görüs?)
  • 6. Offener Dialog – die Stärkung des organisierten Islam soll „dazu führen, dass die Muslime am gesamtgesellschaftlichen Diskurs stärker partizipieren als bisher“.
  • 7. Förderung des transnationalen Austauschs – Städte sollen Netzwerke z.B. innerhalb von Städtepartnerschaften bilden, „in deren Rahmen sich eine europäische islamische Theologie weiterentwickeln könnte“. (Eine Weiterentwicklung scheint dringend vonnöten, wenn man das aktuelle Interview mit der in Berlin vom Tode bedrohten Anwältin Seyran Ates im Spiegel liest)
  • 8. Verbesserung von Öffentlichkeitsarbeit – Diskussion um islamistisch motivierten Terrorismus führe dazu, dass konstruktive Auseinandersetzung um Islam nicht stattfinden könne. (Wessen Schuld ist das?)
  • 9. Aktivierung von Engagement – „Stärker als bei deutschen Organisationen besteht bei den Moscheegemeinden die Notwendigkeit zu Weiterbildung und Professionalisierung“.
  • 10. Aufnahmelandorienteriung – „Eine wichtige Voraussetzung für die Stärkung des Islam ist die stärkere Verwurzelung in den Aufnahmeländern und die Reduzierung der Einflüsse aus den Entsendeländern“. (Hier kann man nur zustimmen, solange mit Verwurzelung auch die Akzeptanz unserer Kultur, unserer Religion und unserer Sitten und Gebräuche gemeint ist).
  • 11. Aufklärungs- und Informationsarbeit der Gemeinden – „Fehlentwicklungen in der islamischen Community, die sich mitunter in Zwangsheiraten oder „Ehrenmorden“ äußern, ebenso wie in der Durchsetzung politischer Ziele mit gewalttätigen Mitteln, sollte in den Gemeinden durch eine aktive Informations- und Aufklärungsarbeit begegnet werden“. (Man beachte die Wortwahl: sollte – nicht „muss dringend“ oder „ist es eine vorrangige Aufgabe„)
  • 12. Gleichberechtigung der Geschlechter – „Als Querschnittsaufgabe im hier formulierten Leitbild stellt sich die Gleichberechtigung der Frau“. (Na, immerhin, türkische Frauen dürfen die Kopftücher wegwerfen und auch sonst alles tun, was moderne Frauen hierzulande als selbstverständlich empfinden. Aber das ist sicher Wunschdenken).

Nachtrag, Sonntag, 9. September: Die Welt berichtet heute über das Richtfest der Moschee in Duisburg. Danach hat der Steuerzahler (NRW und EU) sogar 3,2 Mio Euro draufgelegt.

Kommentare

One Response to “Zentrum für Türkeistudien will stärkeren Islam in Deutschland – Ratsmodell soll’s regeln”

  1. Röhl on September 7th, 2006 17:17

    Hast Du schön sachlich geschrieben, ohne zu verleugnen, wo Du stehst. Prima. W.