WAZ-Top-Manager Bodo Hombach: „Es gibt guten Journalismus und er wird zunehmen – Zeitung hat Zukunft“

Oktober 10, 2007 by  

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Bodo Hombach im „Monkey’s“ – rechts der „Monkey“ von Jörg Immendorff – Foto: Silvia Gertler 

WAZ-Mann Bodo Hombach (55), mächtiger Topmanager des zweitgrößten Zeitungsverlages in Deutschland (nach Axel Springer), glaubt an guten Journalismus, an zunehmende Bedeutung lokaler Informationen und an die Zukunft der Zeitung. Hombach war Gastredner des Marketing-Club Düsseldorf im „Monkey’s West“ und gab in einem Referat seine Einschätzung der Entwicklung des Zeitungsmarktes.

Fakt ist: Zeitungsauflagen schrumpfen. Nicht alle, aber fast alle. Hombach gleichwohl: „Bill Gates hat 1995 erklärt, im Jahre 2000 werde es keine Zeitung mehr geben, er hatte Unrecht.“

Pfad durch den Dschungel 

Mit exzellentem Journalismus werde die Zeitung auch künftig ihren Stellenwert haben. Der WAZ-Mann: „Es gibt guten Journalismus und er wird zunehmen. Es gibt Chancen für Journalismus, der Mehrwert bietet, der relevant ist. Journalisten müssen dem Leser einen Pfad durch den Dschungel (des Informationsangebotes) schlagen.“ Der Journalist, glaubt Hombach, müsse glaubwürdig sein und Vertrauen einflößen, dass die Auswahl der Informationen nach Regeln geschieht, die der Leser kenne und akzeptiere.

Die so genannten Rubrikenmärkte (Auto-, Immobilien-, Stellenanzeigen) würden nicht „aus dem Internet zurückkehren“, wenngleich der Stellenmarkt durch die Konjunkturbelebung deutlich angezogen habe. Die Zukunft werde jedoch in der Vernetzung von Print und Online liegen, auch in crossmedialen Kooperationen.

Sterben kleiner Zeitungen 

Die WAZ-Gruppe, so Hombach, erwirtschafte 60 Prozent ihres Umsatzes und 40 Prozent ihrer Erträge im Ausland, wo man durch Know-how-Transfer die Wertschöpfung verstärken könne. Hierzulande würden Verlage durch das Presserechtsrahmengesetz behindert, das etwa verbiete, dass sich Zeitungen in den Bereichen Technik und Distribution zusammentun. Hombach warnte: „Das wird zum Sterben kleiner Zeitungen führen.“

Eine große Zukunft sieht der Ex-Poltiiker in der lokalen Berichterstattung: „Infos aus der Nahwelt sind zunehmend spannender als internationale Informationen, an denen kein Mangel herrscht.“ Offensichtlich tun sich hier auch neue Möglichkeiten der Kundenbindung und des Verdienstes auf. So habe die WAZ nach dem von ihr organisierten Marathon-Event auf der B1 Bilder der Läufer ins Netz gestellt und „Zehntausende von Bildbestellungen“ erhalten, das Stück zu 1,40 EUR.

Bananenrepublik 

Ende des Monats startet der WAZ-Konzern sein großes Internet-Portal www.derwesten.de, das die Macht der Ruhr-Titel der WAZ-Gruppe ins Internet verlängern soll. Interessante Gimmicks wie die Möglichkeit, lokale Nachrichten in Umgebung der eigenen Adresse dargestellt zu bekommen, sollen die User begeistern und binden. Bodo Hombach: „Wir sind auf die digitale Welt vorbereitet, auf all das was vorstellbar ist.“

Als „abenteuerlich“ bezeichnete der WAZ-Topmanager das Verfahren bei der Einführung von Mindestlöhnen für Zusteller. „Da macht die Post mit Verdi einen Vertrag zu Lasten Dritter, der die neue private Konkurrenz ausschalten soll – ich frage mich, ob wir in einer Bananenrepublik sind.“ Auch zum Thema Gratiszeitung sprach Hombach ein deutliches Wort: „Wer eine einführt, wird erleben, dass wir am nächsten Tag auch eine machen und zwar so, dass der andere keinen Spaß mehr hat.“

Gastgeber Dirk Krüssenberg, Präsident des Marketing-Club Düsseldorf und Helge Achenbach („Monkey’s“) bedankten sich bei Bodo Hombach mit einem guten Tropfen.

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