Mr. Mercedes über Euro, Merkels Energiewende und den Premium-Anspruch der Marke mit dem Stern

Mai 16, 2012 by  

Dieter Zetsche, der Mann mit dem Schnäuzer, schön umrahmt von Klüh-Gattin Ahlem Sehili-Klüh (links) und TV-Lady Petra Albrecht (WDR), rechts Gabor Steingart, Handelsblatt-Chefredakteur / Foto: Anita Kajfes

Vorsichtige Kritik an der Kanzlerin, ein eindeutiges Ja zum Euro und eine Fülle guter Argumente, warum Mercedes Premium ist und bleibt: Mercedes Benz-Chef Dieter Zetsche überzeugte beim Ständehaus-Treff mit klaren Worten. Überzeugend auch der Chefredakteur des Handelblatts, Gabor Steingart, der als Interviewer in der Nachfolge des feingeistigen und ruhigen Giovanni di Lorenzo neue Akzente setzte: Geistreich und pointenstark führte er sich bei dem Elite-Publikum ein. Doch am Ende fand mancher, er habe aus dem Mann mit dem Schnäuzer nicht genügend Privates herausgefragt. Ständehaus-Macher Axel Pollheim empfand das auch so.

Doch will man wirklich wissen, ob der Mercedes Lenker (270.000 Beschäftigte weltweit) morgens joggt oder im Keller mit der elektrischen Eisenbahn spielt?

Steingart holte bei Mr. Mercedes relevante Wirtschaftsinformationen und Einschätzungen ab. Zum Thema Euro zeigte sich Zetsche Euro deutlich positioniert: Ein eindeutiges Ja zur Währung, aber: „Wir brauchen auch eine Art Marschallplan, um Wachstum zu erzeugen.“

Mit Kritik an Merkel zurückhaltend, konnte es Zetsche in einem Punkt jedoch nicht lassen. Zur dilettantischen Energiewende befand er: „So etwas hätten wir bei uns im Unternehmen erst mal in mehreren Szenarien durchgespielt.“ Gleichwohl investiere der Konzern „etwa den Haushalt der Stadt Düsseldorf“ jährlich in „grüne Entwicklung“. Doch das Elektroauto sieht er nicht gleich morgen als Massenartikel um  die Ecke schnurren. Zetsche: „Das wird langsam gehen, da sehe ich noch Probleme. In 20 Jahren jedoch werden wir doppelt so viele Autos haben, da muss man sich schon was einfallen lassen.  Doch beim Stichwort Zukunftsauto fällt dem Mercedes-Mann auch die Wasserstoff-Brennstoffzelle ein… Die 500 Gäste, von Caterer GCS mit einem Sauerampfersüppchen mit gebackenem Mercedes-Chesterstern auf den Gast eingestimmt, erfuhren, dass die Untertürkheimer bei der Entwicklung von Elektroautos mit einem chinesischen Unternehmen kooperieren.

In der Qualität, bekannte Zetsche offen, habe Mercedes eine Zeitlang „eine offene Flanke“ gehabt. Hier sei ein deutlicher Turnaround zu Premium gelungen. Weshalb der Konzern auch auf beste Automobiltechnik weiterhin allergrößten Wert lege: „Ich könnte am Jahresende auch 500 Millionen Euro mehr Gewinn abliefern, doch dann würden wir nicht den 250 Geburtstag unseres Unternehmens feiern können.“ Will sagen:  Die Marke glänzt auf Dauer nur mit hohem Investment in Innovation und Qualität. Das „Gesicht “ der Autos ist dem Schnauzbart-Ingenieur besonders wichtig: Rund zwei Stunden  pro Woche verbringt er mit Mitarbeitern in der Design-Abteilung. Zetsche: „Ein Auto muss Charakter, Persönlichkeit haben“. Zum Mercedes von heute gehört für ihn auch Konnektivität, etwa die Kernelemente des iPhone-Displays auf dem Armaturenbrett. Allerdings, so Zetsche, möchte er „das Auto nicht zur Spielhölle machen“.

Der Mann mit dem markanten Schnäuzer, dem Josef-Klüh-Ehefrau Ahlem Sehili-Klüh auf der Bühne später Blumen überreichte, gab auch einen kleinen Einblick in sein Gefühlsleben. So sei die Trennung von Chrysler einer der emoti0nalsten Momente seines Lebens gewesen. Beruhigend damals: Sein Counterpart versicherte ihm: „Dieter, wir verstehen dich, wir hätten’s genauso gemacht.“

Für eine erfrischend ehrliche Antwort bekam Zetsche spontanen Applaus: Er gehe nicht in TV-Talkshows, das sei für ihn „dressiertes Affentheater“.

 

 

 

 

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