Verteidigungsminister Jung läßt sich von der Presse treiben wie ein Fuchs von der Hundemeute
November 2, 2006 by osi
Franz Josef Jung
Es ist schwer nachzuvollziehen, dass die Debatte über sogenannte Leichenschändung (die Anwendung des Begriffs beim Thema Afghanistan-Knochen-Fotos ist umstritten) direkten Anschluss gefunden hat in einer Auseinandersetzung um ein stilisiertes Balkenkreuz in einer Palme, das in Afghanistan auf ein Auto gemalt war. Es war schon schwer nachzuvollziehen, dass Verteidigungminister Franz-Josef Jung wegen der Fotos um im Wüstensand ausgedörrte Gebeine eine Auslandsreise absagte, Statements zentnerschwerer Bedeutung abgab, die Angela Merkel noch fatalerweise genauso bedeutungsschwanger sekundierte. Es war und ist schwer nachzuvollziehen, dass wir mit Millionenaufwand unsere Marine vor die Küste Libanons entsenden, wo sie die gleiche Kompetenz hat wie Büsumer Krabbenfischer, die bei Auffälligkeiten auch die offizielle Küstenwache zu alarmieren haben. Es war genauso schwer nachzuvollziehen, dass wir, bei aller Freundschaft zu Israel, israelische Raketen über unsere Fregatte als kleines Ausrutscherchen behandelten. Angela Merkel mangelt es deutlich an außenpolitischem Feingefühl, wenn es um die Definition und Wahrung deutscher Interessen geht. Und Minister Jung läßt sich von der Presse treiben wie ein Fuchs von der Hundemeute. Wenn er bei dem Thema „Knochen-Fotos“, bei dem es, bei aller selbstverständlichen Distanzierung davon, juristisch nur um ein Vergehen geht, derartig hektisch reagiert – was wird dieser Mann tun, wenn wir mal eine tatsächlich existenzbedrohende Krise gewärtigen? Wenn im ARD-Deutschland-Trend 51 Prozent der Bundesbürger an der Demokratie zweifeln – hat es möglicherweise auch damit zu tun? Die Menschen haben ein feines Gefühl dafür, wenn es an klarer politischer Führung mangelt, an Entschiedenheit, Stärke, an Visionen und Konzepten. Dies gilt außen- wie auch innenpolitisch.
Nachtrag, 3.11.: Lesenswert: Raddatz in der Frankfurter Neuen Presse.
Nachtrag, 3.11.: Aufschlussreiches Interview mit Hans-Ulrich Klose (SPD) in der Welt – „Wenn Briten und Franzosen Soldaten schicken, dann entsenden sie Soldaten. Wir schicken auch Soldaten, aber immer mit dem Gefühl, eigentlich sind das uniformierte Sozialpfleger“.
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