Achim Hunold: Air Berlin-Chef mit erfrischendem Speech zu Gast im Marketing-Club Düsseldorf

Januar 29, 2007 by  

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„Monkey’s West“-Chef Helge Achenbach (rechts) überreichte Achim Hunold eine Statue von Immendorff als Erinnerung an seinen Speech vor dem Marketing Club Düsseldorf. – Foto: Andy Vieweg

Die Frage nach seiner materiellen Sicherheit konnte Achim Hunold gleich beantworten: „Das können Sie bei uns unter ‚Investor Relations‘ nachschauen, ich halte etwas über zwei Milllionen Aktien, das heißt mein Vermögen schwankt täglich.“ Nach aktuellem Tageskurs ist der Gründer und Chairman von Air Berlin damit gut für mehr als 33 Mio. Euro. Ein bequemes Ruhekissen und eine feine Ausstattung, wenn man Frau und vier Kinder hat. Doch Achim Hunold, heute Mittag zu Gast beim Marketing Club Düsseldorf-Lunch im „Monkey’s West“, macht deutlich: „Ich werde dieses Jahr 58 und ich habe keine Lust mit 61 den Mülleimer rauszubringen.“ Die materielle Sicherheit indes war Achim Hunold immer wichtig – unter dem Aspekt der „persönlichen Freiheit.“ Der Wochenend-Düsseldorfer: „Ich hatte immer so viel gebunkert, dass ich fünf Jahre lang auf dem gewohnten Niveau weiterleben konnte, das macht unabhängig und damit kann man auch schon mal seinem Chef widersprechen.“

Sehnsucht Fliegen

Achim Hunolds Erfolg, das ist natürlich die „Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Story.“ In der Altstadt gekellnert, nebenher studiert, durchs Jura-Examen gerasselt. Die Sehnsucht Fliegen. Der erste Job als ramp agent am Airport, Kerosin in der Nase. Doch dem Unternehmen bricht der größte Kunde weg. Achim Hunold beschließt, Pharmareferent zu werden -„Arznei bei Ärzten vertickern, das hätte ich gekonnt.“ Doch dem Mann, der später seine Airline mit präziser Planung und Bauchgefühl aufbauen wird, kommt das Schicksal in Form der damaligen LTU-Verkaufsleiterin dazwischen. Sie sitzt im LTU-Flieger neben ihm, sie unterhalten sich, sie macht ihm ein Jobangebot, spontan. Hunold läßt den Pharmajob sausen, setzt auf Risiko: weniger Geld, keine klare Job-Beschreibung, Anfang am Katzentisch des Verkaufsleiters. Dann die Karriere. Er baut die Langstrecke auf, er plant generalstabsmäßig die Rückreise von 1000 in Sri Lanka gestrandeten Passagieren, fällt Werner Huehn auf, dem damaligen LTU-Chef. Kurz darauf ist Achim Hunold die Nr. 2 bei LTU – Werner Huehn der Finanzfuchs, Achim Hunold der strategische Marketingmann, der mit seiner offenen Art überall ankommt. Ein Dream Team. „Ja“, sagt er heute, „die Jahre zwischen 1982 und 1990 waren die Blütezeit bei LTU.“ Dann übernimmt die WestLB die Rotweißen. Friedel Neuber, mittlerweile verstorben, schmeißt Achim Hunold raus. Der hatte ihm vor dem gesamten Führungsteam widersprochen, als der die neue Strategie verkündete. Und einem Neuber widersprach man nicht ohne Folgen.

Eiertanz um Finanzierung

Die Abfindung stimmt trotzdem und Achim Hunold lernt, mit dem Computer umzugehen, erlernt das Golfen – und er sieht seine Chance, als die Air Berlin des Amerikaners Kim Lundgren zum Kauf steht. Heute beschrieb er den Eiertanz um die Finanzierung: „Ich hatte sechs Wochen Zeit, sieben Mio. DM zu beschaffen.“ Die Commerzbank schließlich sagt ihm schriftlich Kredit zu – Abflug für Air Berlin.

Die Marksteine beschrieb Hunold heute im „Monkey’s West“:

  • „Wichtig war es ein Alleinstellungsmerkmal zu haben. Deshalb sind wir in die Fläche gegangen. Der Airport Münster hatte damals geöffnet von morgens um sieben bis abends um neun, das war ein Restaurationsbetrieb mit angeschlossener Landebahn. Ich habe gesagt, wenn ich rund um die Uhr fliegen kann, stellen wir ein Flugzeug hin“. Das klappte und das erste Legosteinchen für die neue Strategie war gesetzt.
  • Der Erfolg „Mallorca Shuttle“. Als Reaktion auf die Konzentration im Fluggeschäft schafft Hunold sich ein zweites Standbein. Die Branche grinst sich eins, doch das Ding funktioniert. Im Winter 98 fliegt er täglich einmal von allen Air Berlin-Airports nach Palma. Heute transportiert Air Berlin jährlich fünf Mio. Passagiere nach und über Mallorca, das mittlerweile ein so genanntes Drehkreuz mit weiterführendem Verkehr ist.
  • 1998 setzt Hunold auf aggressiven Verkauf im Internet, baut ein Servicecenter – erreichbar 24 Stunden – „und kein Anrufer wartet länger als 20 Sekunden“.
  • Servicequalität auch an Bord, neuerdings mit Wahlmenü, das Herbert Säckler aus Sylts „Sansibar“ komponiert.
  • Air Berlin ist blitzschnell. Am 16. 8. 2002 beschließt Hunold, Städteverbindungen einzuführen, ein Angriff auf Lufthansa. Der Selfmade-Mann: „Das sollte man nur tun, wenn man’s wirklich kann.“ Er traut sich. Schon am 5. 9. ist London mit Air Berlin buchbar – aus sechs deutschen Städten.
  • Air Berlin hat keinen Betriebsrat. Hunold heute: „Wir ziehen alle an einem Strang.“ Die Mitarbeiter stehen für ihn an erster Stelle. Jährlich läßt der Vollblut-Airliner an den verschiedenen Standorten der Air Berlin insgesamt 18 Parties steigen – erst Vorstellung der Strategie – „und dann feiern bis morgens um sechs.“
  • Momentan rangelt Hunold mit der DBA, die er kürzlich übernahm. Den Piloten bot er an: 10.000 Euro und künftig die niedrigeren Gehälter der Air Berlin bei mehr Arbeitszeit. „Ich habe der Vereinigung Cockpit gesagt, entscheidet euch – für Arbeitsplätze oder Ideologie.“
  • Einfacher war’s mit Niki Lauda. Am 1. Weihnachtstag 2003 beim Skifahren getroffen (Hunold sarkastisch: „Meine Frau war begeistert“). Der Airliner: „Abends waren wir per du und am 18. Januar war NIKI, die Airline Laudas, über Air Berlin buchbar“. Ein Jahr lang gab es nur einen Handschlag-Vertrag.
  • Per Handschlag machte er auch einen Deal beim Kauf von Airbus-Fliegern. Ein Mann, ein Wort, das gilt für Hunold.

Achim Hunold präsentierte sich wie ihn Freunde und Geschäftsfreunde kennen: offen, authentisch, ein Erfolgsmensch, der die Bodenhaftung nicht verloren hat. Zum holperigen Börsengang etwa bekannte er: „Wenn man viel Erfolg hat, kriegt man auch mal einen in die Fresse. Aber nach der DBA-Akquisition war ich ja schon wieder der Hero.“ Über die Aufteilung seiner Arbeitszeit zwischen Berlin und Düsseldorf: „Wohnort Berlin wollte ich nicht, so ist meine Produktivität viel größer. Da ruft abends nicht mein Sohn an und fragt, wann ich nach Hause komme.“ Am Wochenende gehört Achim Hunold seiner Familie – in Düsseldorf.

Kommentare

One Response to “Achim Hunold: Air Berlin-Chef mit erfrischendem Speech zu Gast im Marketing-Club Düsseldorf”

  1. FINBLOG.de - Aktuelle Notizen des Finanzjournalisten Andreas Kunze » Ein Blog im Club der Holzpresse on Januar 30th, 2007 18:02

    […] Ein Blog ist im Club der großen alten Medien-Namen wie Berliner Morgenpost, BZ, Handelsblatt, Berliner Zeitung, Die Welt, Frankfurter Allgemeine Zeitung angekommen. Die Fluggesellschaft Air Berlin jedenfalls listet in seinem öffentlichen Pressespiegel einen Bericht des Düsseldorf-Blog genauso wie die Artikel der so genannten Holzpresse (weil sie auf Papier erscheinen). […]