Hans Rudolf Wöhrl in Brief an LTU-Mitarbeiter: Warnstreik war Grund für die Verkaufsentscheidung

März 28, 2007 by  

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Ex-LTU-Mehrheitsgesellschafter Hans Rudolf Wöhrl 

Die Mitarbeiter der LTU diskutieren, wie wohl der Brief zu interpretieren ist, den der bisherige Mehrheitsgesellschafter Hans Rudolf Wöhrl ihnen anlässlich des Verkaufs der LTU an Air Berlin geschrieben hat. Wöhrl verabschiedet sich von den Mitarbeitern der Düsseldorfer Airline wie sie ihn in seiner „Regentschaft“ wahrgenommen haben: Laut und hart im Ton. Wöhrl erklärt in dem Brief, ein Warnstreik am Boden letzte Woche habe ihm verdeutlicht, dass er verkaufen solle: „Die Entscheidungsgrundlage, dass es doch zu einem Verkauf an Air Berlin gekommen ist, hat verdi geliefert. Mit dem Warnstreik am Donnerstag wurde klar zum Ausdruck gebracht, dass die Mannschaft nicht für die Strategie der Geschäftsführung und der Gesellschafter zu begeistern ist.“

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Bittere Pille 

Am Tag vor diesem Warnstreik, so die Wöhrl-Erklärung, habe festgestanden: „Wir brechen alle Beteiligungsgespräche ab und machen alleine weiter!“ Der Donnerstag habe jedoch die Wende gebracht: „Wir mußten während laufender Tarifverhandlungen die bittere Pille schlucken, dass die Arbeitnehmergremien, trotz der unstrittigen Erfolge im vergangenen Jahr, nicht bereit sind, die von uns als zukunftsträchtig eingestuften Maßnahmen mitzutragen.“ So sei der Entschluss gefallen, an Air Berlin zu verkaufen. Im Hinblick auf die geplante Analystenkonferenz der Air Berlin am Montag habe man schnell handeln müssen.

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Die Zähne gezeigt

Emotional arbeitet sich Wöhrl in dem Schreiben an Gewerkschaft und Betriebsrat ab: „Betriebsrat und Tarifkommissionen sind heute noch stolz darauf, dass sie in unendlichen Gesprächsrunden und mit kämpferischen Parolen der Unternehmensleitung die Zähne gezeigt haben.“ Das habe dazu geführt, dass die damaligen Mit-Anteilseigner der dba von einer engen Verbindung zwischen dba und LTU abgesehen haben. Wöhrl rät den LTU-Mitarbeitern in seinem Schreiben: „Verschließen Sie sich nicht wieder gegenüber Ihrem neuen Gesellschafter sondern folgen (Sie) ihm willig. Hinterfragen Sie endlich einmal konsequent die Aussagen Ihrer Standesvertreter in und außerhalb der LTU und bilden sich dann aber eine eigene Meinung. Unsere Väter wußten schon warum sie sagten: ‚Wessen Brot ich essen, dessen Lied ich singe.‘ Sie wußten nur allzu genau, dass ihnen der eigene Arbeitgeber und nicht die Funktionäre das Gehalt bezahlen.“

Wollten Nr. 2 werden 

Der scheidende Hauptgesellschafter bekennt jedoch auch: „…der Abschied tut sehr weh. Als die INTRO GmbH (Gesellschaft Wöhrls) im Februar, gemeinsam mit der MIC (Gesellschaft von Geschäftsführer Jürgen Marbach) bei der LTU eingestiegen ist, sahen wir darin eine Chance, gemeinsam mit der dba und deren Gesellschaftern, selbst zur Nummer 2 in Deutschland zu werden. Nach erfolgter Sanierung auch der LTU hätten wir nach weiteren kapitalkräftigen Partnern gesucht oder im Rahmen eines Börsenganges die notwendige finanzielle Basis geschaffen.“ Die Forderungen von Wöhrl – „Konsequente Zusammenarbeit der beiden Unternehmen und Nutzung aller Synergien, Verzicht auf einmalig 15 Mio. Euro Gehälter durch die Belegschaft, Verselbstständigung und Aufbau eines leistungsfähigen Technikunternehmens, Neuorganisation und, damit verbunden, die Streichung der wettbewerbshemmenden Betriebsvereinbarung“ seien jedoch nicht erfüllt worden.

Wöhrl weist nicht ohne Stolz darauf hin, dass „trotz der Verweigerungstaktik“ das Unternehmen stabilisiert und „partnerfähig für die Air Berlin“ gemacht werden konnte. Der bisherige Mehrheitsgesellschafter: „Den Mitarbeitern gegenüber blieben wir dessen ungeachtet immer loyal und fair, weil wir stets davon überzeugt waren, dass die Mehrzahl der Beschäftigten jederzeit bereit gewesen wären, unseren Vorschlägen zu folgen, wenn sie nicht ständig durch eine infame und oftmals sogar klassenkämpferische Informationspolitik der Gewerkschaften und mancher Arbeitnehmervertreter immmer und immer wieder verunsichert worden wäre.“

Am Mittwoch vor Ostern will die LTU-Geschäftsführung den Mitarbeitern in einer Versammlung den Verkauf an Air Berlin erläutern.

Kommentar: Wöhrl hatte die besten Absichten, er hat jedoch nicht die Dialogfähigkeit, die der LTU-Betriebsrat selbst dem erklärten Gewerkschaftsgegner Achim Hunold zubilligt. Der Air Berlin-Macher hat, wie man idealisierend sagt, „Kerosin im Blut“, er ist ein Airliner. Wöhrl hat mit Kauf und Verkauf von dba und LTU Geld verdient, er ist und bleibt jedoch ein Kaufmann. Sein kolportierter geheimer Traum, es der Lufthansa zu zeigen, ist geplatzt. Achim Hunold wird die Lufthansa nicht angreifen wollen; dem Code Sharing mit der Condor, an der Lufthansa beteiligt ist, hätten die Lufthanseaten nicht zugestimmt, wenn sie dessen nicht sicher wären. Air Berlin ist für sie berechenbarer als Ryan Air mit dem großsprecherischen Luftfreibeuter Michael O’Leary.

Die LTU-Mitarbeiter können nun erwarten, dass man ihnen wieder eine klare Zielsetzung gibt und dass ihre Arbeitsplätze sicher sind. Fakt ist indes auch, dass einige Ecken bei LTU ausgesputzt gehören. Zu viele Mitarbeiter haben ein Beamtendenken verinnerlicht und bremsen damit den Erfolg der überwiegend ganz hervorragenden rotweißen Crew.

Nachtrag: Geldanleger glauben an Air Berlin. In wenigen Stunden konnte die Airline sich 293 Mio. Euro beschaffen

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