Sternstunde beim Ständehaustreff: Werner Müller

August 26, 2008 by  

 

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Spritziges Interview: Locker ohne Jackett, locker im Ton: Werner Müller im Talk mit Frank Plasberg – Fotos: Johannes Galert

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Bestens gelaunt, bestens vorbereitet: Der Evonik-Chef irritierte den WDR-Mann

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Führend mit Witzen und Spitzen: Müller hatte die Lacher auf seiner Seite

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Müller bestellte sich ein Pils. Plasberg: „Sie sind der erste, der sich hier Alkohol gönnt“. Darauf Müller: „Wenn man hier schon nicht mehr rauchen darf…“

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Rund 550 Gäste genossen das Rededuell beim Ständehaus-Treff

Axel Pollheim (Signa Funds), Organisator des Ständehaus-Treffs, hatte Veranstalter-Glück: Der vor langer Zeit verabredete Auftritt des  Evonik-Vorstandsvorsitzenden Werner Müller war der erste nach dem – damals nicht absehbaren – Rücktritt von diesem Job. Der Herr über 100.000 Mitarbeiter des aus der Ruhrkohle AG entstandenen Konzerns (14,8 Mrd. Euro Umsatz) sorgte gestern Abend für eine Sternstunde am Kaiserteich.

Mit elegant gesetzten Sottisen, mit einer Serie von Witzen und Spitzen ließ Werner Müller Moderator Frank Plasberg ins Schleudern kommen. Müller war bestens vorbereitet auf seinen Talker und dominierte in dem 60-Minuten-Interview auf der Bühne derartig, dass Wolfgang Pott, WAZ, heute titelte: „Evonik-Chef Müller interviewte Plasberg„.

Plasberg begrüßte Müller auf der Bühne als „lame Duck“ (lahme Ente), wie man (hauptsächlich in der Politik) Kaltgestellte nennt. Müller zog es vor stehenzubleiben, während Plasberg, mit Verweis auf seine desolate Bandscheibe, sitzen blieb. Darauf Müller trocken: „Lahme Ente, lahmer Sack.“

Völlig entspannt entledigte sich Müller auf der Bühne seines Jacketts und orderte ein Pils. Plasberg verblüfft: „Alkohol, das hat sich hier noch keiner gegönnt.“ Darauf der Essener Gast, ein Freund des Zigarillos: „Wenn man hier schon nicht mehr rauchen darf…“.

Müller hatte letzte Woche seinen Rücktritt angekündigt und bestätigte gestern, dass er dennoch seine vollen Pensionsansprüche erhalte. Die entsprechende Ausstiegsklausel in dem vor fünf Jahren geschlossenen Vertrag, so juxte Müller, „war kein Grund, den Vertrag nicht zu unterschreiben.“ Probleme habe er nur wegen seiner Bemerkung erhalten, er habe „kein Pattex am Hintern.“ Müller: „Wir haben selbst Klebstoffe im Hause, die sind so gut, da würde mir der Stuhl wirklich kleben bleiben.“

Locker, wie wenn er mit alldem nicht wirklich etwas zu tun hätte, plauderte Müller über berufliche Stationen. Bevor Gerhard Schröder ihn als Minister nach Berlin holte, so Müller „war ich freier Industrieberater, dann wurde ich Minister, da war die schöne Zeit vorbei.“ Und, ja, es stimme, vor geraumer Zeit habe er sich mal mit einer Postkarte vom Badeurlaub am Meer um einen RWE-Job beworben: „Wenn Sie in Urlaub sind, haben Sie doch auch Ihre Bewerbungsunterlagen nicht dabei.“ Und er bekannte, dass man ihm bei seinem Antritt bei der chemielastigen Ruhrkohle im Jahr 2003 einen Chemiebaukasten geschenkt habe. Geholfen hat es wohl nichts, freimütig gestand er Defizite in der Chemie ein (weshalb Klaus Engel sein Nachfolger wird, der Chef der Chemie-Sparte).

Wie es denn werden würde nach seinem Rücktritt, wollte Plasberg wissen. Müller: „Ich war 1997 zu Hause, vielleicht wird’s wieder so schön wie damals.“ Er werde im häuslichen Verbund für die Ressorts Einkaufen und Kochen verantwortlich zeichnen.

Immer wieder ließ Müller ernst gemeinte Fragen Plasbergs in launigen Sackgassen verenden. Müller auf die Frage nach dem Unterschied zwischen Helmut Kohl und Kurt Beck: „Der eine hat keinen Bart.“ Zum Komplex Clement/Ypsilanti befand Müller: „In der Partei muss man alles diskutieren dürfen. Wenn man Kernenergie in den Mund nimmt, gilt man schon als leicht geistesgestört.“ In der Sache stehe er voll hinter Clement, aber: „Wenn ich was gegen meine Firma sage, werde ich entlassen.“

Zu der Bemerkung des Hamburger SPD-Politikers Henning Voscherau, der Zustand der SPD sei „erbärmlich“: „Da schwingt christliche Nächstenliebe mit.“ Zum derzeitigen Personalangebot in der SPD sagte er nur: „Ich soll mich ja kurz fassen, ich bin sprachlos.“

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