Goldene High Heels und Flip Flops

April 13, 2012 by  

Als Single über Ostern aus Düsseldorf Richtung Mallorca  zu flüchten, war schon eine gute Idee, aber welcher Esel hat mir geraten, den Air Berlin Flug um 5:50 Uhr zu buchen? Das bedeutet für mich, um 4 Uhr aufzustehen und das ist bekanntlich mitten in der Nacht …

Als Single habe ich jedoch niemanden mehr, den ich für die Buchung zu so einer Zeit verantwortlich machen kann, ich muss wohl selbst dieser Esel gewesen sein.

Dann aber hat das Singledasein sogar um 4 Uhr morgens ein riesigen Vorteil: Niemand fragt mich um diese Zeit hektisch „Weißt Du, wo mein brauner Gürtel ist?“, oder „Wo verdammt ist mein neues Aftershave?“. Auch „Hast Du meine Sportschuhe gesehen? Ich kann sie nicht finden und gestern  standen sie noch vor der Couch?“ bleibt mir erspart.

Ich kann mich also ganz entspannt nur um mich kümmern und muss mich am frühen Morgen nicht um braune Gürtel, neue Aftershave-Flaschen oder sonstwas kümmern.

Wenn ich ehrlich bin, um 4 Uhr ist meine Kommunikationsfreude auch  sehr eingeschränkt. Um diese Zeit funktioniere ich höchstens automatisch und ich denke, wir alle kennen das.

Das Single-Leben hat also absolut riesige Vorteile und ich entdecke täglich weitere. Vielleicht entwickle ich mich ja noch zu einem gesunden Egoisten mit einer gut funktionierenden Antenne für „Möchtegern-Traummänner“ und „Übergangsprinzen mit Teilzeitfunktion“, um diesen dann gekonnt aus dem Weg zu gehen?

Immerhin besitze ich eine schnelle Lernfähigkeit und habe erkannt, dass meine aktuelle Situation „40+ und Single“ wirklich viele schöne Seiten hat und keinesfalls eine „hoffnungslose Situation ist“, wie viele glauben.

Ich bin offenbar ein glücksbegabter Mensch.

Mallorca, 20 Grad,Sonne. Vor mir liegen fast vier Tage Nichtstun.

Ich war schon unendliche Male auf dieser Insel und bin bekennender Mallorca-Fan.

Da jeder nunmal andere Ansprüche an seine freien Tage auf der Insel hat, verteilt es sich recht gut hier. Jeder bekommt das, was er sucht und braucht. Auch wenn ich als Berlinerin, die in Düsseldorf lebt, bekennende Großstadtromantikerin bin, so liebe ich den Südwesten der Insel sehr.

An der Ampel würge ich erst einmal meinen Jeep ab. Schaltwagen bin ich gar nicht mehr gewöhnt. Mein Handy piept und verkündet :

4 meiner Freundinnen sind auch im Anflug und klar ist wir alle treffen uns.

Trefpunkt: Hafen Wichtig morgen 18 Uhr !

Es kommt also die Premiere für meine nagelneuen, heiß geliebten, goldenen High Heels. Schließlich habe ich dafür meine Sportschuhe aus den Koffer geworfen. Dazu wähle ich enge Jeans und eine weiße Hippie Tunik. Ich springe in den Jeep und merke recht schnell, so komme ich nie in Portals an, diese Dinger sind einfach zu hoch zum Autofahren. Da habe ich wohl nicht genug Erfahrung, denn eigentlich liebe ich ja meine „Converse“. Nicht, dass Sie denken, ich hätte keine hohen Schuhe, vermutlich habe ich mehr, als ein gut sortierter Schuhladen in einer Kleinstadt, aber ich trage sie nicht immer – oder eher selten. Alleine sie im Schrank zu wissen macht mich glücklich.

Also wieder zurück zum Kleiderschrank. Raus aus den goldenen Lieblingsteilen und rein in die Flip Flops. Meine goldenen Schätze vergesse ich natürlich nicht, werfe sie auf den Beifahrersitz und düse Richtung Hafen. Im Auto singe ich laut und falsch und voller Freude alle Songs mit:

„I saw you at the police station and it breaks my heart to say …“.

Singend finde ich einen Parkplatz und singend steige ich in Flip Flop aus und vergesse im Auto mein Liebstes, meine „goldenen best friends“.

Schon von weiten sehe ich meine „Weiber“ an der Tristan Bar. Ein Hasenfest ohne sie wäre ja auch unvorstellbar gewesen. Wir schmeißen uns in die Lounge Möbel und belagern mit unserer Düsseldorf –München-Connection die halbe Tristan Bar, stellen uns gegenseitig lila Schmunzelhasen hin und schlürfen Bellinis.

Wir sitzen in der Abendsonne. Viele Menschen kommen und gehen an uns vorbei. Einige Hand in Hand, einige alleine, einige haben sich im Arm und ich denke daran, dass es eigentlich schön ist und ich es besonders liebe, meine Hand, hinten  in seine Hosentasche zu stecken. Nur „seine Hosentasche“ gibt es aktuell nicht.

Und während meine Weiber spaßig jeden Prinzen einmal „scannen“ denke ich darüber nach, wie es wohl aus der Sicht der Männer ist. Ein Haufen recht gut aussehender, selbstbewusster Frauen, die schnatternd ihre Köpfe zusammenstecken.

Wir Frauen sagen immer, dass wir keine „guten“ Männer kennenlernen, aber welcher gute Mann kommt denn nun an den Tisch und sagt zu einer von uns „Hi, ich bin Stefan und würde dich gerne kennen lernen.“?

Plötzlich ist Hasenalarm an der Tristan Bar. Voller Freude beobachten wir drei circa 30-jährige Beauties, die sich unserem Jagdgebiet nähern.

Wirklich süß,  denke ich und betrachte das total außer Konkurrenz, denn vermutlich müssen diese drei noch viel „Kaffe kochen“, bis sie unsere Erfahrungen haben. Diese drei machen jedoch schon nach den ersten Sekunden nicht den Eindruck, dass sie vorhaben jemals  „Kaffee selber zu kochen“ und mit 15cm Absätzen steuern sie mit gekonnten Gang auf unsere Bar zu. Tolle Schuhe denke ich. Plötzlich bleibt mir fast das Herz stehen! Kennen Sie das, wenn Sie plötzlich einen riesigen Schreck bekommen? Ich starre auf meine Füße an denen die Flip Flops prangen! Ich super-dumme, blonde Nuss habe meine neuesten besten Freunde, meinen „Schuh des Monats“ im Auto vergessen und: Das Auto war offen!

Was sollte ich nun tun? Hinrennen und nachsehen ob meine Schätze noch auf dem Beifahrersitz auf mich warten und diese dann anziehen? Und was wenn sie weg wären und jetzt andere Füßen schmücken? Dann würde ich mich den ganzen Abend ärgern über etwas, was nicht zu ändern ist! Ich entscheide mich gegen die Aktion zum Auto zu rennen! Ich bleibe sitzen. Die Enttäuschung wäre zu groß, wenn der Sitz leer wäre!

Also starrte ich die nächsten Minuten nur noch auf vorbeilaufende Schuhe: Goldene High Heels waren weit und breit nicht in Sicht stelle ich erleichtert fest.

Ich will jetzt niemanden mit dem Schuh-Thema langweilen, aber wenn man seit zwei Monaten in Besitz solcher Vorzeige-Exemplare ist, die Sportschuhe extra aus dem Koffer wirft, weil letztlich einfach zu wenig Platz ist, dann tut es schon verdammt weh wenn man dann auch noch zu blöde ist sich diese am richtigen Tag an die Füße zu stecken und den Abend in der Tristan Bar mit Flip Flops sitzt, während die jungen Hasen in den besten Schuhe auflaufen.

Nur bin ich ja keine 20 mehr und ich weiß, dass es nicht auf die Schuhe ankommt, wenn ich Spass haben will. Immerhin hatte mein Flip Flop auch noch Strass-Steine drauf!

„Angela! Angelaaaa!“ – Chris schwenkte mit der Cocktailkarte hin und her. „Erzähl mal deinen Traum, muss ja schrecklich sein bei Deinem Gesichtsausdruck?“. Fragende Blicke von allen Seiten.

Ich greife unter den Tisch, muss mächtig lachen und sage „extra für Euch habe ich meine schönsten Schuhe angezogen …“.

So sitze ich also da und halte meine Plastiklatschen in die Luft. Alle lachen und ich schwenke meine Latschen! „Angela?“. Wieder höre ich meinen Namen. Diesmal von einer männlichen Stimme hinter mir. Noch immer halte ich meine Latschen in die Luft und drehe mich um. Da steht Christoph vor mir. „Schöne Schuhe. Sind die neu?“. Er grinst und mir vergeht das Lachen. Christoph kenne ich eigentlich kaum. Wir haben uns 5 mal in 10 Jahren gesehen und er ist um 8 Ecken ein „Bekannter“ meines Ex.

Doch ich wäre nicht ich, wenn ich mich nicht schnell gefangen hätte. „Hey Großer“ sage ich und stehe auf und mit meinen 1.67 wirke ich nun ohne Schuhe gegen ihn wie ein Zwerg. Ich schätze ihn auf 1.95.

Ehrlich gesagt hätte ich jetzt schon gerne meine High Heels an. Es folgen die üblichen drei Sätze einer überflüssigen Konversation. „Ach, lange nicht gesehen Christoph“ – mir fällt selber auf, was ich nun für einen Mist rede Aber es wird noch schlimmer.

„Was machst Du hier ?“ und zu allem Überfluss dann meine Abmoderation: „Bis bald mal wieder“ …

„Ja, sehr gerne“ – er geht weiter zur Bar und ich setzte mich wieder zu den Weibern, reisse meine Augen weit auf. Jedem am Tisch war sofort klar, dass weitere Fragen verboten sind!

Kennen Sie das, wenn Sie sich ärgern und gerne noch einmal die Chance hätten, die vergangene Situation noch einmal besser zu meistern? Ich hatte das gerade erlebt und daran waren nicht meine goldenen, nicht vorhandenen Schuhe Schuld. „Egal, vergiss es Angela“ und wir zogen weiter ins Ritzi.

Auch in Flip Flops bekam ich richtig Spaß, wir Weiber waren ein tolles Team. Die Musik war klasse und mir taten zumindest nicht die Füße weh.

Regine und Lillie hatten auch ihre Schuhe ausgezogen und ich vermisste meine 15cm nun wirklich nicht mehr. Der Laden war brechend voll, wir lachten und tanzten und da stand er auf einmal wieder vor mir: Christoph.

„Du hast ‚bis bald‘ gesagt, Angela. Aber ich habe gar nicht Deine Telefonnummer, wie also soll es dann ein ‚bald‘ geben?““sagte er mit fragendem Blick. „017…“ – er tippt es direkt ein, steckt sein Handy weg und sagt „Bis bald “ und weg war er. „Cooler Auftritt“ denke ich und mir fällt der Song ein „Männer regieren die Welt“. Um mich selbst vor einem Komplettausfall zu bewahren, verwerfe ich sofort alle Gedanken an seine „charmante Art“. Vermutlich ist er ohnehin zu beschäftigt, um sich zu melden und „zu beschäftigt“ ,das ist für mich ein anderes Wort für „Blödmann“. Trotzdem ziehe ich mal kurz mein Handy aus der Tasche.

Eine neue Nachricht! „Es war schön, Dich zu sehen und ich freue mich auf bald. Gute Nacht. CH“. Das sieht verdammt nach Rendezvous aus und mein Verstand schlägt einen Purzelbaum. Ich tippe schnell: „Freue mich auf bald 😉 Angela“.

Irgendwann und ziemlich früh gehe ich zum Auto. Meine goldenen Schuhe haben auf mich gewartet! Udo Lindenberg singt und ich fahre in den Sonnenaufgang. Diesmal singe ich nur leise mit und neben mir liegen meine Flip Flops. Meine goldenen Schuhe habe ich nun doch an.

Der warme Wind riecht nach Meer und ich singe leise: „Hinterm Horizont immer weiter zusammen sind wir stark … Das mit uns ging so tief rein,  das kann nie zu Ende sein …“.

Die restlichen zwei Tage habe ich damit verbracht zu lesen, in die Sonne zu blinzeln und einfach mal die Seele baumeln zu lassen.

Ich denke, meine Weiber haben das gleiche gemacht, am anderen Ende der Insel. Christoph hat sich jeden Tag gemeldet.

Schon etwas nachdenklich verlasse ich meine Trauminsel. Diesmal ist es ein Flug in den Sonnenuntergang. Die Maschine fliegt eine Linkskurve über die Insel und sie zeigt sich noch einmal von ihrer schönsten Seite.

„Schön ist alles was man mit Liebe betrachtet“ und ich schaue auf das blaue Meer. Traumhafte vier Tage, die erste Sonne im Gesicht und mit meinen Freundinnen gefeiert und entspannt. Nun freue ich mich wieder auf meine Stadt, auf Düsseldorf. Jeder Tag ist ein Geschenk, ob mit oder ohne goldene Schuhe . Stolpern und fallen kann man auch mit flachen Schuhen. Es kommt also niemals darauf an, welche Schuhe du an hast.

Wichtig ist wieder aufzustehen und weiter zugehen. Denn das Leben ist bunt und wir alle haben eigene Pinsel und Farben. Nur streichen müssen wir es selber, unser Leben.

P.S.: Dieses Wochenende habe ich noch nicht verplant.Ich werde aber mit Sicherheit ins NRW Forum gehen „State of the Art Photography“ – ich liebe Fotokunst. Und natürlich am Samstag auf dem Carlsplatz Lebensmittel einkaufen und Freunde zum Bazzar Tee treffen. Sonntag ist Sporttag – meine Sportschuhe sind vermutlich eh schon sauer, dass sie nicht mit nach Mallorca durften – also ab ins GYM.

Ach ja – und Christoph treffen 😉 … denn er hat sich gemeldet.

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