Zauberwetter, Körpergefühle und magische Momente

Mai 31, 2012 by  

Was war das für ein langes, perfektes Wochenende. Die Sonne hat uns alle total verwöhnt und ich kann wirklich sagen: „Düsseldorf hat sich von der besten Seite präsentiert.“

Das Konzert von Rea Garvey war einfach umwerfend und der Sonnenuntergang hat auch noch Ibiza Feeling nach Düsseldorf gezaubert,  während Rea Garvey mich schon ausreichend mit Gänsehaut versorgt hat.

Natürlich war ich mit zwei Freundinnen unterwegs und ich weiß nicht mehr genau, wie viele Bands wir uns live gegönnt haben. Ich weiß aber noch genau, wie Anne ziemlich frech bei einer echt coolen Band sagte „Ich drängle mich mal vor Richtung Bühne, damit ich Spucke und Schweiß abbekomme!“. Anne ist weit über 40, Personal Trainerin und eine ziemlich lustige und super positive Persönlichkeit, die unbeschwert durchs Leben geht. Ihre natürliche Ausstrahlung lässt sie sicher und sexy wirken und so manch ein Super-Model in den Schatten stellen. Natürlich finden das auch die Männer toll. Männer aller Altersklassen. Und es kommt mit Sicherheit dabei nicht auf die Höhe der Schuhe an – Anne ist da der beste Beweis – sondern auf die eigene Ausstrahlung und Anne ist Single.

Ich beobachte Anne von weitem. Sie bewegt sich zum Sound der Musik und wirkt relaxed, glücklich und das macht sie sexy! Ich liebe besonders  ihre freundliche und immer gut gelaunte Art, denn sie ist ein freier Mensch, sehr gerne Single und hat einen hohen Flirtfaktor. Wir beide sind nicht der Meinung, dass man unbedingt in einer festen Beziehung sein muss um glücklich zu sein.

Wir sind das beste Beispiel dafür und auch sind wir fest davon überzeugt,  dass es keine Schablone gibt, in die man sich des Alters wegen pressen lassen sollte. Wer sich frei fühlt, hat ein gutes Körpergefühl, wer ein gutes Körpergefühl hat, ist leichter glücklich und verkrampft nicht innerlich und ganz klar ist auch, der Spaßfaktor in den kleinen Dingen des Lebens ist einfach höher, wenn man selber genießen kann!

Genau hier sind Anne und ich uns sehr ähnlich. Wir können genießen!

Oh weh, wenn ich nur daran denke, wie viele Frauen ihren Männern was vorspielen um zu gefallen. Dabei ist es ganz anders! Wer sich fallen lässt, muss nichts vorspielen! Wirklich sinnlich und sexy geht eindeutig über das eigene Körpergefühl.

Sehr gerne sind wir hier Vorbild für viele Frauen und ich bin der Meinung, dass eine gutes Gefühl für den eigenen Körper der erste Weg zu einem gesunden Selbstbewusstsein ist. Und liebe Frauen: „Es gibt keine Do’s und Don’t Do’s für Frauen 40+“, weder beim Sommer Outfit, noch beim Sex und schon gar nicht beim Flirten.

„Na? So in Gedanken?“. Neben mir ist Ben aufgetaucht. Er gibt mir einen fetten Knutscher. Ben ist mein bester Freund, ein nicht ganz so erfolgreicher Moderator, aber mit einem Aussehen wie Jon Bon Jovi, 1’95m, Ende 40, Single und … leider schwul.

„Süße, Deine engen Jeans brauchen einen Waffenschein!“ bemerkt er zwinkernd und weiter „Naja mit Deinen 49 kannst Du Dir das ja erlauben – ich meine Kilos nicht Dein Alter!“. Dafür liebe ich Ben. Er war immer etwas zu frech! „Schnucki, 52 Kilo!“ teile ich ihm mit, wobei er sich gleich entsetzt die Hand ins Gesicht legt und mitleidig flüstert „WAS? Doch so fett?!“. Wir lachen beide, denn es ist immer die selbe Begrüßung – egal wo, egal wie!

Anne kommt von der Bühne zurück und hat drei Jungs im Schlepptau. Locker zehn Jahre jünger als wir, aber nicht ganz so jung wie “Ashton“. Thorsten, Arne und Frank sind aus Berlin (meiner Heimat) und zusammen machen wir uns auf dem Weg in’s “Schiff Ahoi“ nach Oberkassel.

Es war eine nette, perfekte Düsseldorf-Berlin-Connection und mit vielen Lachfalten mehr im Gesicht, standen wir zwei Stunden später wieder auf der Straße, denn die Jungs mussten den letzten Flieger bekommen.

Als Anne gerade noch Visitenkarten austauscht, beobachte ich interessiert  eine alte Frau, die sich sehr langsam und mühevoll in meine Richtung bewegt. Noch war sie etwas entfernt, aber sie schien ein Ziel zu haben – mich. Ich schätze sie auf 90 Jahre und sie wirkt irgendwie wie aus einem „Harry Potter“-Film entsprungen. Ich drehe mich nach allen Seiten um, aber kein Filmteam weit und breit in Sicht.

Bei der Hitze trägt sie bunt gemusterte Kniestrümpfe, einen knielangen Rock und eine graue, viel zu große Herrenstrickjacke. Ihre unendlich langen, dünnen grauen Zöpfe enden in der Taille und bunte Wolle war um das Zopfende gewickelt. Sie stützt sich beim Laufen auf einen bunt bemalten Wanderstab. Schritt für Schritt kommt sie näher. Sie war vielleicht mal groß, jetzt aber war sie klein und krumm, vielleicht 1 ’40m ab und zu hebt sie den Kopf und schaut mich direkt an. Unsere Blicke treffen sich.

Die Berliner Jungs, Anne und Ben höre ich noch lachen, doch ich habe nur noch diese alte, besondere Frau im Blick. Vor mir bleibt sie stehen und spricht mich an. Ich denke, es könnte russisch sein, habe aber nichts verstanden. Ich beuge mich zu ihr runter und gucke direkt in ihre wunderschönen, hellblauen Augen. Sie muss mal bildschön gewesen sein.

Nein, was heißt „gewesen sein“? Sie ist bildschön! Ihr Gesicht erinnert mich an die Zeichnungen in meinem alten Gebrüder Grimm Märchenbuch. Nur war das hier kein Märchen. Hilfesuchend reicht sie mir einen Zettel der schon ziemlich abgegriffen war. „Pestalozzistrasse“ steht da mit  gekritzelter Schrift. „Oh weh“, denke ich. „Das ist weit, weit weg!“.

„Verstehen sie mich?“, frage ich unsicher. Sie nickt und lächelt, aber ich merke sofort, sie versteht nichts. „Sie sind ganz falsch hier, sie müssen die Straße zurück!“. Ich zeige mit der Hand in die Richtung, wo sie hergekommen ist.“ Circa drei Kilometer immer die Straße entlang. „Weit, weit  weg!“. Die alte Frau lächelt noch immer und nickt. Sie dreht sich um und schlürft davon. Schritt für Schritt… langsam, sehr langsam. Sie hat anscheinend ein Ziel. „Eine tapfere, kleine Frau“, denke ich und gucke ihr Sekunden hinterher. Mir war klar, so würde sie Tage brauchen – wenn sie überhaupt jemals an ihrem Ziel ankommen sollte.

Ich blicke ihr nachdenklich hinterher und in Gedanken sehe ich ihr freundliches Gesicht und ich folgte meinem Herzen. „Macht’s gut Jungs, war nett mit Euch – ich besuche Euch mal – irgendwann!“ rufe ich den Berlinern noch zu und Anne und Ben bekommen noch einen schnellen Kuss, dann düse ich auch schon los.  Für mich gab es jetzt Wichtigeres zu tun. In wenigen Schritten war ich wieder bei meiner alten, kleinen Frau mit den wachen hellblauen Augen. Sie schien nicht überrascht. „Ich fahre sie. Ja, ich fahre sie sehr gerne!“, dabei mache ich Fahrbewegungen und zeige auf sie und auf mich. Ich strahle sie an. Sie nickt und schenkt mir ich schüchternes Lächeln.

Ich bringe sie zu meinem Auto und helfe ihr rein, schnalle sie an. Fürsorglich ziehe ich Ihre langen Zöpfe aus den Gurten.

Sie nimmt kurz meine Hand. Ein magischer Moment. Ich blicke auf ihre weiche, alte Hand und sehe, dass sie mindestens so viele Glücks- und Freundschaftsbändchen trägt, wie ich. Ich fühle mich ihr die ganze Zeit sehr verbunden. So, als ob ich sie schon lange kennen würde. Ich füttere mein  Navi und fahre los. Die alte Frau ist gar nicht ängstlich. Ich beobachte sie von der Seite. Wir fahren „offen“ und sie genießt den Wind. Ich werde  langsamer und ich merke, sie mag meine Musik. Sie schließt kurz die Augen und ich spüre, wie sehr sie die Sonne, den leichten Wind und die Klänge aus den Lautsprechern genießen kann.

“Memory Motel“ von den Stones läuft und wenn wir auch nicht dieselbe Sprache sprechen, sind wir zwei Frauen mit dem selben Gefühl für besondere  Momente. Ich habe das Lied monatelang mit meinen Freund gehört. Womit sie wohl das Lied verbindet? Ich biege in die Zielstraße ein und die alte Frau öffnet die Augen. Ich hatte keine Hausnummer von ihr bekommen, aber sie erkennt das Haus. Ich halte an, nehme ihr den Gurt ab und helfe ihr aus dem Auto. Plötzlich umfasst sie mit beiden Armen meine Taille und drückt mich fest. Sekunden stehen wir so da. Unsere Wege haben sich für Minuten gekreuzt. Dann dreht sie sich um, geht zu einer Tür, die sich auch schnell öffnet und ist weg. Einige Minuten warte ich noch im Auto. Nichts passiert. Mein Telefon klingelt. Mein Ex versucht mich zu erreichen. Ich gehe nicht dran. Ist jetzt einfach nicht der richtige Moment, um meine Gedanken zu unterbrechen.

Manchmal habe ich das Gefühl, es gibt so viele Dinge, die ich nicht kontrollieren kann. Katastrophen, die sich nicht verhindern lassen und Krankheiten, die nicht aufzuhalten sind.

Dann aber sehe ich, wie wichtig es ist Dinge in die Hand zu nehmen, die wir ändern können, die wir lenken können und oft sind es Kleinigkeiten, die wir einfach zu schnell übersehen. Kleinigkeiten, die das Leben so lebenswert machen. Wir müssen nur im „Hier und Jetzt“ handeln und uns trauen.  Diese kleinen Momente können Situationen komplett verändern. Wir dürfen nie vergessen, mit offenen Augen auch die kleinen Situationen zu sehen und wenn wir mal die Augen schließen, um zu träumen, ist unser Herz immer wach. Es schläft nie, denn es gibt eine Sache in der Welt, die aus einem einsamen Ort einen wunderbaren Ort macht, die aus einem langen Weg einen liebevollen Weg macht und die Sache heißt “LIEBE“.

Man weiß nie, was passiert und vielleicht gehe auch ich in vielen, vielen Jahren als uralte Frau, mit einem abgegriffenen Zettel in der Hand durch ein Land, das nicht mein Heimatland ist. Vermutlich habe auch ich dann ein Ziel und vielleicht ist dann auch ein Mensch da, der mir nicht nur den Weg zeigt, sondern mir hilft, mein Ziel zu erreichen.

 

Was ich sonst so am Wochenende mache? Ich habe mich schon entschieden — und Sie?

       1.    Wach durchs Leben gehen!

       2.    Samstag, 02.06 um 23 Uhr : Japanisches Feuerwerk am Rhein. 30 Minuten Märchenzauber am Himmel,

denn das Thema ist in diesem Jahr “200 Jahre Grimms Märchen“

  1. Sonntag 03.06 von 11 -18 Uhr: Fischmarkt in Düsseldorf / Schlemmen am Tonhallenufer.

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