Marketing-Club Düsseldorf und NRW-Forum – Engagierte Diskussion um die DNA der Modestadt Düsseldorf – „Mal richtig Kohle in die Hand nehmen“

Juli 15, 2010

Düsseldorfs Ruf als Modemetropole ist angekratzt, der Glanz schwindet. Die Substanz in Düsseldorf macht die Landeshauptstadt zur klaren Nr. 1, hier wird auch geordert und das Geld verdient. Doch der Glamour entfaltet sich pompös in Berlin, wo auch immer mehr Geschäft gemacht wird. Was tun? Marketing-Club Düsseldorf-Präsident Dirk Krüssenberg und Werner Lippert (NRW-Forum) setzten das Thema auf die Agenda und luden eine exklusive Runde zur Diskussion. Ergebnis vorweg: Düsseldorf hat ein schweres Imageproblem, an dem niemand professionell arbeitet.  Und: Es geht nicht nur um Mode, es geht um die Marke Düsseldorf.

Erfrischend brachte  Tina Müller, als Senior Vice President verantwortlich für die Kosmetik bei Henkel/Schwarzkopf, den Unterschied zwischen Berlin und Düsseldorf auf den Punkt:  „Hier sitzen die Damen mit den dicken Portemonnaies, in Berlin sind sie klamm“.  Ihr Unternehmen, machte sie deutlich, würde sich gern stärker in Düsseldorf engagieren – wenn es denn eine Plattform mit Strahlkraft gäbe.

Die Diskussionsrunde (v. l.): Werner Lippert, Dr. Adrian Kiehn, Prof. Ekkehart Baumgartner, Annette Weber, Tina Müller, Frank Dopheide

Ein Vermarktungsproblem habe Düsseldorf, befand Dr. Adrian Kiehn, Generalbevollmächtigter von P & C.  Man sehe sich doch an, welche Modehäuser in Düsseldorf zu Hause seien: LVMH, C & A, P & C  und Esprit (Ratingen).  Düsseldorf sei „die kreativste Business-Stadt“.

Annette Weber, Chefredakteurin von INStyle (Burda), war deutlich anzumerken, dass sie das hippe Berlin gern auf dem Schirm hat. Wie sie Düsseldorf porträtieren würde, fragte Moderator Professor Ekkehart Baumgartner. Die Modejournalistin: „Kö, Eickhoff, Jades, Kaiserswerther Straße, Medienhafen, das wäre unser Image.“ An Berlins peppiger Fashion Week faszinieren sie am stärksten  „Bread & Butter“,  die VIP’s, das Promi-Restaurant Borchardt, der Club Berghain und die trashig-elegante Bar 25. Düsseldorf, so die Münchnerin, sei konservativ, Berlin lässig.

„Erschüttert von Ihrer Wahrnehmung“  zeigte sich Gastgeber Werner Lippert: „Das hatten Sie hier doch schon vor 20 Jahren – das Creamcheese, Kraftwerk, die Igedo…“. Düsseldorf habe lediglich ein „retardierendes Image“ und den Anschluss an die Metropolen verloren. Wie viele Meinungsbildner in Düsseldorf zeigte sich Lippert überzeugt, dass Düsseldorf als Hauptstadt der Kreativ-Wirtschaft sich intensiver entsprechend vermarkten müsse.

Zustimmung von Frank Dopheide, Chefwerber der Agentur Grey. Düsseldorf müsse seine „Hausaufgaben machen“ und nicht Berlin nacheifern.  Dopheide: „Kreativ, das ist nicht Graffiti auf der U-Bahn, das sind kluge Köpfe, die Wert schöpfen.“  Zur Vermarktung Düsseldorfs gab er den klassischen Ratschlag: „Marke entsteht, wenn man Botschaften sendet und das lange durchhält.“  Und dann sprach er an, was jeder Düsseldorfer, der gelegentlich die Stadt verläßt, schon ähnlich fühlte: „Ich hasse es, wenn ich mich immer für Düsseldorf entschuldigen muss.“

Düsseldorf, war die Runde einig, ist besser als sein Ruf. Weit besser. Doch genauso breit war die Zustimmung in der Auffassung, dass die Vermarktung der Stadt im argen liege. Die Welt habe kein Bild von Düsseldorf. Lippert-Anekdote zur Verdeutlichung:  Der (mittlerweile verstorbene) Modeschöpfer Alexander McQueen habe ihn einen Tag vor einer Ausstellung angerufen und gesagt: „Können wir die Ausstellung nicht woanders machen?'“  Das liege auch daran, dass die Stadt, wenn sie Modejournalisten einlade, ihnen das Heine-Grab zeige aber nicht etwa Gursky.

Das nicht geprägte bzw. diffuse Image Düsseldorfs ist auch ein erhebliches Hindernis, wenn es darum geht, junge, kreative Leute für Führungspositionen zu gewinnen, waren sich Henkel-Schwarzkopf-Frau Tina Müller und P & C-Kiehn einig.

Dopheide über die Aktivitäten der Stadt: „Es sitzen zu viele Leute an zu vielen Tischen“. Tina Müller: „Zu viele Köche verderben den Brei. Es braucht einen Fokus, es braucht Power.“ Die erfolgreiche Marketing-Spezialistin empfiehlt neue Wege: „Warum zeigen Eickhoff, Jades, Apropos nicht parallel zur Messe den Endverbrauchern die Mode in glamourösen Shows. Wir müssen den Modebereich aufbohren.“

Auch die INStyle-Chefin hatte einen Rat: Das Image Düsseldorfs als „glamouröse, schicke Stadt muss man stärken. Düsseldorf fehlen Events um die Mode herum.“

Fazit: „Man müßte mal richtig Kohle auf den Tisch legen“, brachte Werner Lippert die Kernfrage auf den Punkt. Und auch Werber Frank Dopheide sprach im Namen aller, als er feststellte, es fehle an Gemeinsamkeiten und großen Konzepten. Die Probleme, so der Grey-Mann, „sind viel größer als nur die Mode.“  Tina Müller, Schwarzkopf, kurz und knapp: „Klein! Schnell! Machen! Erfolge sehen!“ P & C-Lenker Kiehn: „Ich würde Geld in die Hand nehmen, wenn es hier die Plattform gäbe.“

Keine Wortmeldung aus der ersten Reihe. Hier saßen Bürgermeisterin Gudrun Hock (SPD), Igedo-Lenker Philipp Kronen, die Wirtschaftsförderer der Stadt, Wilfried Kruse und Uwe Kerkmann.