New York – einige Tage vor 9/11

September 6, 2009

Tagsüber wie abends: New Yorker und Besucher amüsieren sich im Straßencafé, direkt auf dem Broadway

Eine Woche lang wurde hier recht wenig eingestellt. Grund: Eine Reise nach New York. Ich war etwa ein Dutzend Mal in New York, zuletzt jedoch vor elf Jahren.  Einige Infosplitter aus Big Apple, von einem Besuch einige Tage vor 9/11. Vorweg: Es hat sich viel verändert – zum besseren. Der nächste Trip dorthin ist schon geplant – vielleicht kann ich auch Ihnen Lust auf New York machen.

FLUG & HOTEL: Nonstop und pünktlich mit Air Berlin, Hotel Royalton (Morgan’s Gruppe), W 44th St. – beides bestens.

EINREISE: Aus eigener Erfahrung und Beobachtungen: Die grimmigen Verhör-Kapos scheinen ausgestorben zu sein. Wir lassen unsere Fingerabdrücke screenen, werden fotografiert, was uns – gewiss im Gegensatz zu manch anderen – nicht stört. Wir werden freundlich behandelt und keiner intensiven Befragung unterzogen.

GROUND ZERO: Die Bilder von 9/11 haben sich in unser Gedächtnis gebrannt. In der Kirche am Ground Zero, wo am 11. September 2001 Helfer sich stundenweise ausruhten, erinnern heute Fotos, Briefe, Badges von Feuerwehren aus aller Welt an diesen Tag. Ground Zero ist eine Riesenbaustelle: Der Freedom Tower (Modellfoto links) wächst, wird 541,3 m hoch sein, ein Symbol. Unheimlich: Ich habe Cees Nootebooms Reisenotizen „Auf der anderen Wange der Erde“ dabei. Hier schreibt er über das World Trade Center: „Silbern schimmernd stehen sie am Fluß, die beiden Türme, zermahlen all das hier unten zu einer Welt von gestern – und doch sind sie irgendwie zerbrechlich, verwundbar, etwas, das unmöglich bleiben kann und eines Tages mit einem Seufzer in sich zusammensinken wird, zerknüllt wie Zigarettenpapier.“ Nooteboom schrieb das im Januar 1975! Vorahnung?

SICHERHEIT: Es ist bemerkenswert, dass man nachts über den Times Square gehen kann und auch die angrenzenden Straßen nicht scheuen muss – Ergebnis der Null-Toleranz-Politik von Bürgermeister Rudolph Giuliani (bis 2001), der massiv dazu beitrug, aus einem recht gefährlichen Moloch eine lebenswerte Metropole zu machen. Die geringe Kriminalität spiegelt sich bestens in New York Daily News und der New York Post, wo Meldungen über einen Diebstahl in der U-Bahn, bei dem Musikinstrumente im Wert von 10.000 Dollar gestohlen wurden, schon gut für einen Zweispalter sind. Felix New York.

An wichtigen Brennpunkten heißt es: „Bitte lächeln – Sie sind im Polizeifernsehen“, gekennzeichnete Überwachungskameras. Die Staten Island Ferry, die auf ihrem Weg die Freiheitsstatue passiert, wird von einem

Schlauchboot der Küstenwache begleitet, drei Männer, einer hat die Hand am Schaft des Bug-MG. Seit zwei Tagen gelten zudem neue Richtlinien für Flüge über dem Hudson: 9/11 naht.

POLIZEI:  Die Cops haben einen Slogan auf ihre Wagen gepinselt: Courtesy / Professionalism / Respect. Das sagt viel über Wandel und Gutes über die Selbstverortung.

UMWELT: Es riecht besser in Manhattan. Dies liegt zum einen daran, dass die Taxis, die das Straßenbild dominieren, heute umweltfreundlicher sind, zum anderen tragen die Hybrid-Busse dazu bei. Außerdem hat man neben den grünen Lungen Manhattans, allen voran der riesige Central Park, aber auch Bryant Park, Gramercy Park und viele mehr, neue Grünflächen geschaffen und viele Bäume gepflanzt. Bemerkenswert: Der Broadway am Times Square ist heute ein riesiges begrüntes Straßencafe, ebenso ein großer Straßenbereich vor Macy’s, dem größten Kaufhaus Amerikas, dem Victoria’s Secret gegenüberlegt, die größte Frauenfalle der Welt.

GRAFFITI: In dem besuchten Teil Manhattans, vom gepflegten und belebten Battery Park im Süden bis hinauf zur Grenze Morningside/Harlem sieht man nur vereinzelt Graffiti, Berlin und Hamburg sind dagegen Drecksmetropolen.

ESSEN: New York ist ein Himmel für Gourmets geworden: Besucht und für gut befunden: Gramercy Tavern (42 E. 20th St) mit neuer amerikanischer Küche, Oyster Bar (im Kellergewölbe der Grand Central Station, immer noch DER Seafood-Klassiker mit unschlagbarem Ambiente), Per Se (Time Warner Center, 10 Columbus Circle, 4. Stock), vielleicht das beste der Stadt mit unglaublichem Service, sicher nicht das billigste, das romantische Pasta-Paradies Becco 355 W. 46th St in der Restaurant Row im Viertel Hell’s Kitchen im Theaterdistrikt, auch das Joshua Tree direkt gegenüber, Mischung aus Restaurant und Sportbar,  ist witzig (ganzer Hummer für 20 Dollar). Vergessen: River Café in Brooklyn unterhalb der Brooklyn Bridge, teuerster Blick auf die Skyline, Essen unter Erwartungshaltung. Besser: Mit den neuen Water Taxis für Kleingeld rüberfahren, Foto machen und zurückfahren.

KOMMUNIKATION: Sind die New Yorker noch freundlicher geworden? Ja, vielleicht, sehr kontaktfreudig und auskunftsbereit, immer auf Dialog aus, sie sprechen dich auch selbst oft an. Der jüdische Mittvierziger auf der Straße zückt seinen Blackberry, geht auf GPS und zeigt den Weg zu Stage Delicatessen (haben nachgelassen). Die New Yorker lesen weniger, wie man an der Zahl der Zeitungsstände ablesen kann. Wo sind die Bookstores geblieben? Der Hit in den Lokalzeitungen: Weiterbildungsanzeigen – Seiten über Seiten: New York lernt.

SHOPPING: Wohl die beste Adresse in Manhattan: Century 21 (22 Cortlandt St zwischen Church und Broadway), Designermode, Sportkleidung zu Discountpreisen auf mehreren Etagen, bestens zum Stöbern in Boutiquen: Bleecker Street und Thompson Street im Greenwich Village. Der Wechselkurs erhöht den Lustfaktor.

TAXIS: Generell sauberer, viele Cab Driver sind auf Mini-SUV’s umgestiegen. Neu und innovativ: TV im Fond mit TV-News, GPS, Anzeige des Fahrpreises

und der Option Cash oder Credit Card (überall möglich). Positiv: Es gibt einen ‚Off‘-Button, weil’s nach einigen Fahrten denn doch nervt. Die Fahrt JFK to „Anywhere in Manhattan“ kostet verbindlich 45 Dollar. Nehmen Sie ein Yellow Cab und fallen Sie nicht auf die Inder rein, die behaupten billiger zu sein und dann 70 Dollar haben wollen.

EURO-DOLLAR: Bester Deal bei Amerikas Einfach-Bank TD: 10 Dollar Wechselgebühr, ansonsten fairer Kurs, woanders wird man über den Löffel balbiert. Ideal: Alles mit Kreditkarte zahlen.