Die Liebe lehrt das Fürchten – Wiederaufnahme „Siegfried“ an der Düsseldorfer Rheinoper

Februar 2, 2023

Wiederaufnahme „Siegfried“ mit Simon Neal als Wanderer (l.) und Cornel Frey als Mime Foto: Hans Jörg Michel

Von Gisela Rudolph

Was für ein Spektakel, wenn auch ein ziemlich dunkles, das bei der Wiederaufnahme von „Siegfried“ an der Düsseldorfer Rheinoper über die Bühne geht.

Klar – spielt doch „Siegfried“, dritte Oper von Richard Wagners Monumentalwerk „Der Ring des Nibelungen“, im tiefen Wald. Dort haust Mime, Ziehvater des Titelhelden, und fristet als erfolgloser Schmied sein Dasein. Seine Plage hat er mit Siegfried, Produkt der Inzestbeziehung zwischen Zwillingspaar Siegmund und Sieglinde, im ersten Akt der  voraufgehenden „Walküre“. Siegmund ist stark, kennt keine Furcht und schmiedet jauchzend seine Allzweckwaffe Nothung, das Schwert, das Mime verzweifelt zu schmieden versuchte. Den Macht verheißenden Ring will Mime nämlich von Fafner, vom Riesen zu einem drachenartigen Lindwurm gewandelt, erobern. Auch wenn dies ihm, wie vom „Wanderer“ Wotan prophezeit, den Kopf kostet. So kommt es: Nachdem Siegfried Fafner erschlagen hat, ihm den Ring mitsamt Tarnkappe nimmt, killt er schließlich auch Mime. 

Fafners Blut hat Drachentöter Siegfried zum Tierversteher gemacht, so dass ein Waldvogel dem Furcht- und Ahnungslosen den Weg zu Brünnhilde weist. Er durchbricht ihr Feuergefängnis, Strafe Wotans für ihren Schutz des Zwillingspaares Siegmund und Sieglinde, dramatischer Schluss des „Walküre“-Opus. Eine Oper weiter nun befreit Siegfried Brünnhilde wieder, die geradezu schockverliebt Sonne und Liebe preist. Siegfried stimmt zwar ein, doch lehrt ihn die plötzliche, fordernde Liebe von Brünnhilde das Fürchten…. [Read more]

Sex, Crime und Seifenoper

Mai 18, 2022

Von Gisela Rudolph„Rheingold“ und „Walküre“ im Opernhaus Düsseldorf – Termin nicht nur für Wagner-Fans: Im Juni gibt’s im Düsseldorfer Opernhaus mit „Das Rheingold“ (12. und 18. Juni) und „Die Walküre“ (16., 19. und 25. Juni) eine Teil-Wiederaufnahme von Dietrich W. Hilsdorfs viel diskutierter Inszenierung von Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen“.

Bitte keine Panik vor der verwirrenden Nibelungensage. Die komplizierte Überlieferungsgeschichte sei gar nicht so wichtig, meint Hilsdorf. Zumal Wagner, Komponist und Librettist der Tetralogie, seine eigene, keineswegs werkgetreue Version der Story um Drachentöter Siegfried und Goldschatz liefere: „Die Zuschauer müssen nicht vorbereitet sein, sondern sollen genießen.“ Hilsdorf nennt Wagners „Ring“ eine „schäbige Familiengeschichte mit großer Orchestrierung“.

Im 19. Jahrhundert siedelt er die an, beginnt jedoch mit Heinrich Heines berühmter „Loreley“, die bei Wagner natürlich nicht vorkommt: „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“ zitiert Feuergott Loge – mit Betonung auf dem „es“. Da hat das Rheingold-Vorspiel noch nicht begonnen. Der ES-Dur-Akkord „auf dem Grunde des Rheins“, so Komponist und Librettist Richard Wagner, ist noch gar nicht erklungen. Eine Reminiszenz an den Juden Heine und Wagners Antisemitismus will Hilsdorf mit diesem eigenwilligen Beginn leisten – und vielleicht einen Hinweis auf die Aufgabe einer „Ring“-Inszenierung geben. Aber: „Wir sind nicht ideologisch“, charakterisiert er seine Arbeit. „Wagner ist der Chefideologe. Wir haben versucht, werkgetreu die Geschichte zu erzählen.“

Na ja, werkgetreu mit Einschränkung. Harnisch, Flügelhelm, Schild und Speer präsentiert er dem Zuschauer natürlich nicht. Die Rheintöchter haben die Nixen-Flossen mit Korsage, Straps und Stiefelchen vertauscht (Kostüme: Renate Schmitzer), passend zum Bordell oder Varieté-Theater. Für Letzteres spricht das Bühnen-Schaubild, mit Glühbirnen eingerahmt, die alle vier „Ring“-Abende das vertrackte Spiel um Macht, Liebe, Geld beleuchten (Bühnenbild: Dieter Richter) – Sex, Crime, Seifenoper halt.

Wie einen „Budenzauber“ empfindet Hilsdorf nicht nur das „Rheingold“. Die Sinne sollen aktiviert werden. „Nimm dir raus, was du siehst und hörst“, rät Hilsdorf dem Publikum.

Zu Hören gibt’s natürlich vieles, das bis heute Hit-Status erlangt hat. Das geht im „Rheingold“ von Alberichs Verfluchung der Liebe mit Raub des Goldes angesichts des Schindluders, das die Rheintöchter mit ihm treiben, bis hin zu Erdas Warnung „Weiche, Wotan, weiche“. „Die Walküre“ wartet dann im 3. Akt mit dem Walkürenritt auf, der seit Francis Ford Coppolas „Apocalypse Now“ zu Filmehren gekommen ist. Doch außer diesem Schlagerstück gibt’s im ersten Akt die berühmten „Wälse“-Rufe Siegmunds zu hören, die Beschwörung des Lenz im großangelegten Liebesduett von Siegmund und Sieglinde, deren Namensähnlichkeit bereits Dunkles ahnen lässt, Brünnhildes „Hojotoho“, und natürlich der Feuerzauber ganz am Schluss. Mit dem schließt Wotan sie auf einem Felsen ein als Strafe, weil sie Siegmund und Sieglinde, eigentlich ein Zwillingspaar, schützend unter ihre Fittiche genommen hat. Denn Inzest geht gar nicht.

Stoff genug für den Regisseur, in die bürgerliche Kiste des 19. Jahrhunderts zu greifen.  Bereits im Vorspiel stellt Hilsdorf dar, warum Hunding und Sieglinde solch massive Eheprobleme haben. Für Familie Wotan inklusive der Walküren gibt’s im 2. Akt einen geräumigen Esstisch. Dass die Walküren, obwohl fein gewandet in roten Abendkleidern mit Pailletten-Bustier, martialische Kriegerinnen sind, die Tod und Teufel nicht scheuen, zeigt Hilsdorf im 3. Akt beim „Apocalypse Now“-Zitat: Da rattert der Hubschrauber, natürlich nur akustisch, durch den Zuschauersaal, bevor der Walkürenritt beginnt.

Also, Spannung ist garantiert. GMD Axel Kober am Pult der Düsseldorfer Symphoniker und das Sänger-Ensemble bereiten der opulenten Komposition Wagners sicherlich ein ebenso spannendes musikalisches Fest. 

Und wem Wagner-Opern arg lang erscheinen, der darf zwischendurch „ruhig mal ein bisschen einnicken“, findet Regisseur Hilsdorf. Angesichts seiner Inszenierung geht er aber „jede Wette“ ein, dass niemand einschläft. 

Karten unter 0211-8925211

Foto: Hans Jörg Michel

„Siegfried“ hat Premiere im Opernhaus Düsseldorf 

März 23, 2018

Der Kampf um Macht und Gold geht weiter: Im Opernhaus Düsseldorf öffnet sich am Samstag, 7. April, um 17.00 Uhr der Vorhang zur Premiere von Richard Wagners „Siegfried“. Dietrich W. Hilsdorf inszeniert den dritten Teil von Wagners „Ring des Nibelungen“, Dieter Richter gestaltet das Bühnenbild, Renate Schmitzer die Kostüme. Generalmusik­direktor Axel Kober dirigiert die Düsseldorfer Symphoniker. [Read more]