„Die Zeit“ über den Irak: Der Regierung nicht den Boden unter den Füßen wegziehen!

Oktober 25, 2006 by  

Unter der Headline „Kein schneller Abzug“ plädiert das Wochenblatt „Die Zeit“ dafür, Nerven zu bewahren und gesetzte Ziele nicht aus populistischen Gründen aufzugeben. Hier ein Auszug: 

 „Die hektischen Mediendemokratien des Westens zeichnen sich durch einen kurzen Zeithorizont, durch Ungeduld und zugleich oftmals eine selektive Wahrnehmung aus. War es realistisch anzunehmen, man könne im Irak einen neuen Anfang schaffen ohne große Opfer und Kosten? Man hat „Besatzung – lite“ praktiziert, die das reichste Land der Welt einige hundert Milliarden Dollar gekostet und das Leben von rund 2700 Soldaten gefordert hat. Aus der Nahdistanz mag das viel erscheinen, im historischen Vergleich ist das ein kleiner Preis, der bislang zu zahlen war. Der irakische Vizepremier hatte Recht, als er in London die Haltung im Westen viel zu „negativ und defätistisch“ nannte. Es gibt tatsächlich auch ermutigende Anzeichen, die allerdings selten wahrgenommen werden.

Sunnitische Stammesführer beschlossen eine Allianz, um die ausländischen Jihadisten zu bekämpfen und aus dem Irak zu vertreiben. Die irakische Nationalversammlung stimmte mit überwältigender Mehrheit für ein Abkommen für Versöhnung und Frieden; in Mekka schließlich einigten sich am vergangenen Wochenende die religiösen Führer von Schiiten und Sunniten im Irak, sektiererische Gewalt zu verdammen und den Bürgerkrieg zu beenden. Der Haß zwischen Sunniten und Schiiten ist derzeit die größte Quelle der Gewalt und damit das größte Problem des Irak. Zur Zeit sterben amerikanische Soldaten nicht wegen des „Widerstandes“ gegen die Besatzung, sondern weil sie versuchen, zusammen mit irakischen Truppen den Bürgerkrieg einzudämmen und die Milizen zurückzudrängen.

Es wäre absurd, in einer solchen Situation der gewählten irakischen Regierung den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Noch ist die Zentralregierung zu schwach, um auf eigenen Füßen zu stehen. Aber konnte man mehr erwarten, drei Jahre nach dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein, unter dem die irakische Gesellschaft verrohte und der Haß der verschiedenen Bevölkerungsgruppen aufeinander wuchs? In Deutschland, nachhaltig besiegt, dauerte es nach dem Ende des 2. Weltkrieges 4 Jahre, bis eine Demokratie entstand. Obwohl die Bedingungen dafür unvergleichlich besser waren. Wir haben uns allzusehr daran gewöhnt, sofortigen Erfolg zu verlangen. Wenn der sich nicht einstellt, gilt ein Krieg, den Demokratien ohnehin ungern führen, als gescheitert“. HIER ZUM KOMPLETTEN ARTIKEL.

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