Der Beck muss weg?

Mai 9, 2008 by  

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Ein Kommentar von Martin Lohmann*

Seinen Bart will er vermarkten, sich selbst bekommt er aber nicht vermarktet. Auch wenn der Bart ab ist, bleibt Beck nichts weiter als Beck. Seine Partei hat der Mann aus der Pfalz umfragemäßig in den Keller getrieben. Kurt Beck, der Mainzer Dauer-MP, ist und bleibt bislang die beste Wahlhilfe für Angela Merkel. Irgendwie haben viele den Eindruck, dass der gelernte Elektriker beim Sprung von der Provinzbühne aufs Hauptstadtparkett das nötige Handwerkszeug vergessen hat, das man halt so braucht beim Hantieren mit Starkstrom. Ohne Kenntnis der richtigen Schaltkreise kann es schon mal zu bösen Kurzschlüssen kommen. Und dann torkelt der im Leichtstromland an Mosel und Rhein da draußen so leichtfüßig sich gebende Alleskönner schon mal nach links außen, rutscht seitwärts wieder nach rechts und liegt irgendwann flach unter der 30-Prozent-Marke.

Doch halt: Man sollte diesen Vollblutpolitiker nicht unterschätzen, auch wenn er dazu ständig einlädt. In Mainz und anderswo erzählt man sich zwar, der Mann könne stundenlang reden, ohne wirklich etwas zu sagen. Aber das heißt nicht, er wisse nicht, was er wolle. Das nämlich weiß er ganz genau. Außer ihm weiß das vielleicht niemand, aber was man wissen sollte ist, dass Kurt Beck hinter seiner etwas plüschigen Nettigkeit eine harte Zähigkeit verbirgt. Und die kann sogar so stark sein, dass ihm Peinlichkeiten nicht einmal peinlich sind. Vieles merkt er gar nicht, weil er es nicht merken will. Er kennt nur ein Programm, was er zugegebenermaßen mit manchen anderen Politikern gemeinsam hat: das große Ich.

Schon in Mainz hat er sich ein System der unauffälligen Ergebenheit um sich gebaut. Das zu bauen ist an der Spree etwas anspruchsvoller und schwieriger. Aber Beck wäre nicht Beck, wenn er sich davon abhalten ließe. Man sollte diesen letztlich Dünnhäutigen, der seine Dickhäutigkeit gut zu schauspielern versteht, nicht unterschätzen. Er hätte das zwar gerne, weil schon Helmut Kohl diesen Trick bestens zu nutzen verstand. Wer jetzt meint, Beck müsse weg, weil ihn doch niemand als Kanzlerkandidaten haben möchte, der könnte sich in einigen Monaten wundern über einen Kurt Beck, bei dem nicht nur der Bart weg ist, sondern vielleicht auch die Beißhemmung, mit der er zu kokettieren versteht, die er aber nicht wirklich hat. Ganz so lieb und nett und unbedarft, wie er sich gibt, ist dieser Machtmensch sicher nicht.

* Martin Lohmann ist Journalist und Publizist, kommentiert u.a. in Bild. Lohmann, verheiratet, ein Kind, lebt in Bonn. Diesen Kommentar schrieb er als Gastautor für den Düsseldorf Blog.

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