Nächste Woche: Heine-Preis und Festakt für Amos Oz

Dezember 4, 2008 by  

Der israelische Schriftsteller Amos Oz (69, Foto) wird am Freitag, dem 13. Dezember, dem 211. Geburtstag Heinrich Heines, mit dem Heine-Preis 2008 der Landeshauptstadt Düsseldorf ausgezeichnet. Oberbürgermeister Dirk Elbers wird den Heine-Preis in einem Festakt in der Tonhalle an Amos Oz überreichen. Die Laudatio hält Dr. Richard von Weizsäcker, Bundespräsident a.D. und Heine-Preisträger des Jahres 1991.

Der Heine-Preis zählt zu den bedeutendsten Literatur- und Persönlichkeitspreisen in Deutschland und wird seit 1972 verliehen; er ist mit 50.000 Euro dotiert. Zusammen mit dem Goethe-Preis der Stadt Frankfurt und dem Joseph-Breitbach-Preis (Mainz) hält er mit dieser finanziellen Ausstattung einen Spitzenplatz im deutschsprachigen Raum.

Der Heine-Preis wird, wie es in den Bestimmungen heißt, durch die vom Rat der Landeshauptstadt Düsseldorf eingesetzte Jury „an Persönlichkeiten verliehen, die durch ihr geistiges Schaffen im Sinne der Grundrechte des Menschen, für die sich Heinrich Heine eingesetzt hat, den sozialen und politischen Fortschritt fördern, der Völkerverständigung dienen oder die Erkenntnis von der Zusammengehörigkeit aller Menschen verbreiten“.

Die Jury  begründete ihr Votum wie folgt: „Amos Oz vereint literarische Kreativität, politische Sensibilität und humanistisches Engagement in einer Weise, die an Heinrich Heine erinnert. Die Jury würdigt nicht nur sein literarisches Werk, sondern auch die mutige Klarheit und Entschlossenheit, mit der er zwischen Israelis und Palästinensern Brücken zu bauen versucht.“

Amos Oz wurde am 4. Mai 1939 als Amos Klausner in Jerusalem geboren. Er stammt aus einer Gelehrtenfamilie. Sein Vater war der Bibliothekar und Literaturwissenschaftler Arie Klausner, seine Mutter Fania geb. Mußmann war ebenfalls hoch gebildet. Seine Großeltern flüchteten nach der russischen Revolution 1917 von Odessa nach Wilna und wanderten von dort 1933 nach Palästina aus. Nach religiöser Grund- und weltlicher Oberschule trat Amos Oz 1954, zwei Jahre nach dem Freitod seiner Mutter, dem Kibbuz Chulda bei und nahm dort den Namen Oz an – was im Hebräischen so viel wie Stärke, Kraft bedeutet. Von 1957 bis 1960
absolvierte Oz seinen Wehrdienst. Von 1960 bis 1963 studierte er Literatur und Philosophie an der hebräischen Universität in Jerusalem und veröffentlichte erste Kurzgeschichten. Nach dem Abschluss (B.A.) kehrte er in den Kibbuz zurück, wo er bis 1986 arbeitete. Außerdem war er Lehrer an Oberschulen. Von 1987 bis 2005 war Oz als ordentlicher Professor für hebräische Literatur an der Ben-Gurion-Universität des Negev in Beerscheba tätig. 1997 übernahm er eine Professur für Literatur an der Princeton University (USA). Amos Oz ist mit Nili Zuckermann verheiratet und hat drei Kinder. Er lebt seit 1986 in der Wüstenstadt Arad.
1965 erschien sein erster Erzählband „Arzot Ha-Tan“ (deutsch: „Länder des Schakals“), der die Bedrohung der Menschen im Kibbuz durch unheimliche Mächte, Gefahren, die Wildnis, die Nacht und den Tod zum
Thema hat. Die Bedrohung des von sozialistisch-zionistischen Idealen getragenen Kibbuzlebens durch Kleingeisterei, Missgunst und Egoismus im Innern und durch nationale Feinde von außen verarbeitete Oz dann in seinem ersten Roman „Makom Acher“ (1966, deutsch: „Keiner bleibt allein“). Sein zweiter Roman „Michael Scheli (1968, deutsch: „Mein Michael“), mit dem Oz erstmals verschiedene Tabus im arabisch-jüdischen Verhältnis brach, avancierte zum Bestseller. Auch die folgenden Romane und Erzählungen befassen sich in realistisch-dramatischer, teils in phantastisch-burlesker, teils in satirisch-komischer Weise mit der jüngeren gesellschaftlichen, politischen und psychologischen Befindlichkeit in seinem Land. Als politischer Journalist nahm Oz immer wieder Stellung zur israelischen Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten, zum politischen Einfluss orthodox-fundamentalistischer Strömungen in Israel und zur Krise des nahöstlichen Friedensprozesses.
Oz nahm am Sechs-Tage-Krieg (1967)und am Jom-Kippur-Krieg (1973) teil. Bereits 1967 setzte er sich für die Zwei-Staaten-Lösung im Nahost-Konflikt ein. Er gehörte zu den Herausgebern der „Gespräche mit israelischen Soldaten“ (1967), aus deren Kreis 1977 die israelische Friedensbewegung „Shalom achschaw“ („Frieden jetzt“) hervorging. 1982 kritisierte er den Libanon-Krieg und verurteilte neun Jahre später die europäische Friedensbewegung für ihr Eintreten gegen den Golfkrieg 1990/91. In Israel löste Oz‘ Werk wegen seiner verhüllten und unverhüllten zeit- und gesellschaftskritischen Bezüge stets heftige Kontroversen aus. In Deutschland wurde er 1992 für seinen Einsatz in der israelischen Friedensbewegung und für seinen Kampf gegen Fanatismus, Gewalt und Gleichgültigkeit mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Er erhielt außerdem zahlreiche weitere Preise, darunter für sein Lebenswerk unter besonderer Berücksichtigung seines 2004 erschienenen Romans „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ den Welt-Literaturpreis (2004), den Goethe-Preis der Stadt Frankfurt (2005) und den Stefan-Heym-Preis der Stadt Chemnitz (2008). (Quelle: Munzinger Archiv).

Der Heine-Preis wird zu Ehren des 1797 geborenen Heinrich Heine gestiftet und zum 17. Mal vergeben. Zunächst erfolgte die Vergabe in dreijährigem Rhythmus, seit 1981 in zweijährigem Rhythmus, allerdings mit drei Abweichungen: 1987 wurde die Vergabe in das Jahr des Stadtjubiläums 1988 verschoben, und für 1995 beschloss der Rat eine Verschiebung auf 1996. 2006 hatte die Jury den Heine-Preis dem Schriftsteller Peter Handke zuerkannt. Diese Entscheidung hatte zu heftigen politischen Diskussionen geführt, worauf Peter Handke den Verzicht auf den Preis erklärte. In der Folge wurden die Verleihungsbestimmungen
unter anderem dahingehend geändert, dass nunmehr die Jury abschließend über die Vergabe entscheidet.
Die bisherigen Heine-Preisträger sind: Carl Zuckmayer (1972), Pierre Berteaux (1975), Sebastian Haffner (1978), Walter Jens (1981), Carl Friedrich von Weizsäcker (1983), Günter Kunert (1985), Marion Gräfin Dönhoff (1988), Max Frisch (1989), Richard von Weizsäcker (1991), Wolf Biermann (1993), Wladyslaw Bartoszewski (1996), Hans Magnus Enzensberger (1998), W.G. Sebald (2000), Elfriede Jelinek (2002) und Robert Gernhardt (2004).
Der Heine-Preis-Jury 2008 gehörten an: als vom Rat gewählte Mitglieder Prof. Dr. Bernhard Schlink (Berlin; als Vertreter der Heinrich-Heine-Gesellschaft), Prof. Dr. Birgit Lermen (Bonn), Prof. Dr. Julius Schoeps (Berlin), Dr. Gerhard Höhn (Barbizon/Paris, Frankreich) und Prof. Dr. Christoph Stölzl (Berlin), ferner Prof. Dr. Dr. Alfons Labisch (ehemaliger Rektor der Heine-Universität Düsseldorf). Außerdem als Vertreter der Stadt: Stadtdirektor Helmut Rattenhuber (Jury-Vorsitzender/in Vertretung des verstorbenen Oberbürgermeisters Erwin), Kulturdezernent Hans-Georg Lohe sowie Prof. Dr. Joseph A. Kruse (Leiter des Heine-Instituts). Die Ratsfraktionen hatten folgende Persönlichkeiten in die Jury entsandt: Dr. Susanne Schwabach-Albrecht (CDU), Walburga Benninghaus (SPD), Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Marit von Ahlefeld (Bündnis 90/Die Grünen). Alle Mitglieder der Jury haben jeweils eine Stimme.
(arz/mb

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