Fake News und Schafott – Bravo-Rufe und Jubel bei Premiere von Bellinis Oper „Beatrice di Tenda“ in Düsseldorf

Mai 5, 2025

 

Stacey Alleaume (Beatrice di Tenda) und die Duisburger Philharmoniker unter der Leitung von Antonino Fogliani. FOTO: Jochen Quast

 

Klar. Fake News – Falschmeldungen – sind keine Erfindung von US-Präsident Donald Trump.

Desdemona, Anna Boleyn, die spanische Königin Elisabeth – die Reihe der teils fiktiven, teils historischen Personen, die durch Falschaussagen aus Machthunger wie aus nicht erwiderter Liebe zu Tode kamen, ist lang.

Beatrice di Tenda, Titelheldin von Vincenzo Bellinis gleichnamiger vorletzter Oper, teilt dieses Schicksal. Die Unglückliche gab es tatsächlich: Im 15. Jahrhundert war sie mit Filippo Maria Visconti verheiratet. Der despotische Herzog war ihr Verhängnis und ließ sie enthaupten.

Die fast vergessene Belcanto-Oper Bellinis hatte im Düsseldorfer Haus der Rheinoper als konzertante Aufführung umjubelte Premiere. Insgesamt fünf Mal gibt es sie in Düsseldorf und Duisburg zu sehen (Termine unter www.operamrhein.de)

Eine Intrige von Beatrices Hofdame Agnese del Maino setzt die Tragödie in Gang.. Sie ist die Geliebte des Herzogs, also Beatrices Gatten, liebt aber Orombello, dem sie ein Verhältnis mit Beatrice andichtet. Sowohl Hofdame Agnese als auch Orombello sind in den historischen Annalen verbrieft. Ähnlich wie Prinzessin Eboli in Verdis Don Carlos ist Agnese die Unheilstifterin mit der todbringenden Fake News von der heimlichen Liebe zwischen Beatrice und Orombello. Das bestreiten beide der Wahrheit entsprechend energisch. Erbarmungslos lässt Visconti sie gleichwohl foltern

Orombello hält dem nicht stand und legt ein falsches Geständnis ab. Beatrice hingegen hält tapfer durch. Beide werden von Herzog Visconti zum Tode verurteilt. Da hilft auch Agneses Fürbitte nichts. Sie plagen Mitleid und schlechtes Gewissen. Doch umsonst: Auch Beatrice bleibt der Gang zum Schafott nicht erspart. Mit ihrer großen Schluss-Arie bietet ihr Komponist Bellini aber noch ein großartiges Tableau, mit dem sie Gebete und Erbarmen für den grausamen Herzog erbittet.

 

Kopfkino fürs Publikum

 

Wie der begeisterte Beifall schon während der Vorstellung nahelegte, wurde eine Inszenierung des letztlich blutrünstigen Geschehens nicht vermisst. Womöglich sorgen Bellinis dynamisch-melodiöse Kompositionen zwischen spritzig-temperamentvoll, aber auch lyrisch-melancholisch dafür. Sie vermitteln dem Publikum gewissermaßen ein Kopfkino, das Konzentration auf die schöne, expressive Musik ermöglicht. Zumal Dirigent Antonino Fogliani alles über Italiantá weiß und dies den ebenso sensibel wie dramatisch aufspielenden Duisburger Symphonikern vermittelte. Bewundernswert auch, wie Fogliani Chor (Leitung: Patrick Francis Chestnut), Orchester und Solisten zu einer harmonischen Einheit verschmelzen und auch bei Tutti und Forte Transparenz und warmes Timbre nicht vermissen ließ.

Die Solistenriege fügte sich da nahtlos ein. Schön anzusehen die beiden Damen, erst in feuerrot, dann in schwarz attraktiv gewandet: Stacey Alleaume ist als Beatrice di Tenda ein Glücksfall. Ihr dramatisch-lyrischer Koloratursopran ist der Akrobatik von Bellinis Verzierungen ebenso gewachsen wie den lyrischen Parts. Belcanto von den höchsten Spitzentönen über die schön timbrierte Mittellage bis in tiefe Regionen. Stèpánka Pučálková sang mit ausdrucksvollem, höhensicheren Mezzo die erst bösartige, später reuige Agnese. Um so bewundernswerter, dass sie als Einspringerin die anspruchsvolle Partie innerhalb von drei Tagen lernte und souverän auf die Bühne brachte.

Bogdan Baciu gab mit flexiblem Bariton einen furchterregenden Herzog Visconti mit dennoch nobler Ausstrahlung. Konu Kim war Orombello, der völlig zu Unrecht verdächtigt wird, Beatrices Liebhaber zu sein. Sein hell timbrierter Tenor mit energischen Spitzentönen passte gut zum aufrechten Orombello, der nicht weiß, wie im geschieht. Opernstudio-Mitglied Henry Ross lieh sowohl Orombellos Freund Anichino als auch Viscontis Vertrautem und Bruder Agneses, Rizzardo del Maino, Rollen bedingten kurzen tenoralen Glanz.

Konu Kim (Orombello), Stacey Alleaume (Beatrice di Tenda), Antonino Fogliani (Musikalische Leitung), Bogdan Baciu (Filippo), Štěpánka Pučálková (Agnese del Maino), Henry Ross (Anichino). Dahinter der Chor der Deutschen Oper am Rhein und die Duisburger Philharmoniker. FOTO: Jochen Quast

Bravo-Rufe und Jubel nach der knapp dreistündigen Aufführung für alle Beteiligten – vielleicht auch gerade wegen der konzertanten Aufführung, bei der man dem gesamten Ensemble inklusive Chor ebenso wie dem hochkonzentrierten Orchester mit seinem präzisen Dirigenten wunderbar zusehen konnte.

Gisela Rudolph

 

Hoffmanns Weg durch Liebes-Irrungen – Gisela Rudolph über die umjubelte Premiere von „Hoffmanns Erzählungen“

April 17, 2025

Nach der Premiere zu urteilen: Absolut sehenswert – Foto: Oper am Rhein

Eine Reise durch Dichter Hoffmanns Reich der Fantasie, einer sehr reichen und gegensätzlichen. So sieht Regisseur Tobias Ribitzki die Opéra fantastique „Hoffmanns Erzählungen“ von Jacques Offenbach, die im Düsseldorfer Haus der Rheinoper bejubelte Premiere feierte und noch bis 7. Juni in dieser Spielzeit hier zu sehen ist (Termine www.operamrhein.de).

Ribitzki teilte sich die Inszenierung von Offenbachs letztem, unvollendet gebliebenen Werk mit drei weiteren Regieteams. Er selbst übernahm die Rahmenhandlung des ersten und fünften Aktes: Schauplatz ist ein einsamer Tisch mit Kerze und Wein, an dem Hoffmann (Ovidiu Purcel) fast verloren auf der leeren Bühne über einem leeren Blatt Papier brütet.  Für den Übergang zu den dazwischen liegenden Akten wird zu einem beliebten Mittel gegriffen: Dem Theater auf dem Theater in Gestalt eines roten Vorhangs, der Hoffmanns Suche nach inspirierender Liebe  bei Olympia, Antonia und Giulietta unterteilt. Immer an seiner Seite: seine Muse, die ihn als Nicklausse durch den Weg der Irrungen und Wirrungen begleitet. Maria Kataeva spielt und singt dies mit betörendem Mezzosopran, der von strahlender Höhe bis in dunkle Tiefen ihren Meister empathisch führte.

 

Heitere Seiten

 

Elena Sancho Pereg war eine koloratursichere, schön klingende Olympia, wie man es von einer Automatenpuppe erwartet. Regie führte dabei das Team 1927, das bereits Mozarts „Zauberflöte“ zum dauerhaften Erfolg verhalf. Comic- und Stummfilm-Elemente sorgten für Kichern im Publikum und gewannen der eigentlich nicht komischen Opéra fantastique heitere Seiten ab.

Der australische Puppenspieler Neville Tranter inszenierte den Antonia-Akt mit lebensgroßen Puppen, geführt von Statisten und begletet vom jeweiligen Sänger der dargestellten Rolle. Für die Zuschauer ein leicht verstehbarer surrealer Effekt, für die Akteure, insbesondere für die hinter den Puppen halb verborgenen Sänger, sicher ein Kraftakt. Mensch bleiben durften Hoffmann, Niklausse und Antonia, mit gut geführtem lyrischen Sopran von Darija Auguštan gesungen. Da wollte man gar nicht glauben, dass eine so gesund klingende Stimme für Antonia zum Tode führt und ihr deshalb das Singen streng verboten ist….

So landet Hoffmann schließlich in Venedig bei der Kurtisane Giulietta, von Sarah Ferede sinnlich gestaltet im Glitzerkleid und mit gurrend-lockenden Tönen aus der Kehle. Regisseurin Nanine Linning ist auch Choreographin und setzt Körperlichkeit und Bewegung in Szene. So muss der fabelhaft gestimmte Chor die Wellenbewegungen der Lagune in der berühmten „Barcarole“ nachempfinden, was erstaunlich gut gelingt. Eine große Spiegelbox nutzt Linning als vieldeutiges Symbol: Glitter, ob Tand oder Diamant, bestrahlt auch den Zuschauersaal und dient ebenso als Spiegel, in dem Hoffmann sein Gesicht, Symbol seiner Identität, nicht mehr sehen kann.

Also schnell heim ins Dichterstübchen zur Verarbeitung der destruktiven Liebeserlebnisse. Der Chor tröstet, nicht durch Liebesglück, sondern vielmehr durch Tränen seien Inspiration und Erkenntnis zu gewinnen.

Damit schafft der Chor zum guten Schluss einen Gänsehautmoment und erntet für seine Gesamtleistung frenetischen Jubel. Wie immer ganz hoch in der Zuschauergunst steht Bogdan Taloş, der die vier Basspartien (Lindorf, Coppelius, Dr. Miracle und Dapertutto) so nobel wie eindringlich gestaltet. Ovidiu Purcel ist ein schmucker Hoffmann, von dem man sich allerdings weichere Töne mit mehr Lyrik wünschte. Das gesamte Ensemble mit Dirigent Frédéric Chaslin und den engagiert aufspielenden Düsseldorfer Symphonikern durfte sich über enthusiastischen, lang anhaltenden Applaus freuen.

 

Gisela Rudolph

 

Weihnachten mit Freunden im Opernhaus – Vitali Alekseenok dirigiert die Düsseldorfer Symphoniker

Dezember 5, 2023

Vitali Alekseenok dirigiert das diesjährige Konzert des Opernstudios „Weihnachten mit Freunden“. © Elza Zherebchuk

Das diesjährige Weihnachtskonzert des Opernstudios der Deutschen Oper am Rhein am Mittwoch, 13. Dezember, um 19.00 Uhr, ist gleichzeitig ein Abschiedskonzert: Nach 24 Jahren als Vorstandsvorsitzender des Opern-Freundeskreises hat Prof. Dr. Dieter H. Vogel sein Amt vor wenigen Wochen an Monika Lehmhaus weitergegeben. Dass seine feierliche Verabschiedung im Rahmen des traditionellen Weihnachtskonzerts stattfindet, hat einen einfachen Grund, ist doch der Freundeskreis der größte Förderer des Nachwuchs-Ensembles.

Gemeinsam mit den Düsseldorfer Symphonikern präsentieren die Opernstudio-Mitglieder ein vorweihnachtliches Programm mit Ausschnitten aus Oratorien und Opern. Die musikalische Leitung hat Vitali Alekseenok, es moderiert der ehemalige Direktor der Deutschen Oper am Rhein, Stephen Harrison.

 

Festliches Konzert im Gala-Format

 

Als gute Tradition zum Jahresende geben die jungen Sängerinnen und Sänger des vom Freundeskreis besonders geförderten Opernstudios ein festliches Konzert im Gala-Format. Gemeinsam mit den Düsseldorfer Symphonikern präsentieren Bogdana Bevziuk, Matteo Guerzé ,Mara Guseynova, Jakob Kleinschrot, Verena Kronbichler, Valentin Ruckebier und Anna Sophia Theil unter der musikalischen Leitung von Vitali Alekseenok ein vorweihnachtliches Programm mit Musik aus Oratorien von Georg Friedrich Händel („Samson“ und „Der Messias“) Johann Sebastian Bach („Weihnachtsoratorium“), Felix Mendelssohn Bartholdy („Elias“), Camille Saint-Saëns („Oratorio de Noël“) und der c-Moll-Messe von Wolfgang Amadeus Mozart.

Aus der Opernliteratur kommen weihnachtliche Klänge mit dem Vorspiel zu Nikolai Rimsky-Korsakovs „Die Nacht vor dem Christfeste“ und Gesangs-Ensembles aus „La Bohème“ und „Hänsel und Gretel“, bevor der Abend ausklingt mit Adolphe Adams bekanntem „Cantique de Noël“ („O Holy Night“). Durch das Programm führt kenntnisreich und kurzweilig Stephen Harrison. Für Mitglieder des Freundeskreises der Deutschen Oper am Rhein e.V. ist der Eintritt frei – alle anderen Klassikfans können das Konzert für 20 Euro erleben.

 

„Die Fledermaus“ und der Weltraumbahnhof – Klassiker feiert am Samstag Premiere in Düsseldorf

Januar 23, 2020

Bildgewaltiger Klassiker: Die Fledermaus – Premiere am Samstag Foto: Hans-Jörg Michel

Der Operetten-Klassiker „Die Fledermaus“ in der bildgewaltigen Inszenierung von Regisseur Axel Köhler kommt endlich auch auf die Düsseldorfer Bühne. Premiere ist übermorgen, am Samstag, 25. Januar, um 19.30 Uhr.

Johann Strauß‘ „Die Fledermaus“ ist ein Glanzstück der Wiener Operette: Melodien mit reichlich Ohrwurmpotenzial, lustvoll übertriebener Lebensstil, wo der Champagner in Strömen fließt, und eine Intrige, die sich schmerzlos einpasst in nicht ganz saubere, aber letztlich geordnete bürgerliche Verhältnisse haben „Die Fledermaus“ unsterblich gemacht.

Weltraumbahnhof in Düsseldorf

Gemeinsam mit Bühnen- und Kostümbildner Frank Philipp Schlößmann hat Regisseur Axel Köhler das Stück opulent in Szene gesetzt. Inhaltlich nutzt er seinen Spielraum für behutsame Aktualisierungen mit lokalen Bezügen: Den Protagonisten Gabriel von Eisenstein macht er zu einem umtriebigen Düsseldorfer Politiker, der mit dem Bau eines Weltraumbahnhofs der Landeshauptstadt zu neuem Glanz zu verhelfen will. Vor dieser intergalaktischen Kulisse tanzt, singt und spielt ein großes Ensemble aus Hausmitgliedern und Gästen wie dem bekannten Schauspieler Wolfgang Reinbacher als Frosch. Die musikalische Leitung der Premiere hat der Generalmusikdirektor der Kieler Oper, Benjamin Reiners. Zu erleben sind die Düsseldorfer Symphoniker und der Chor der Deutschen Oper am Rhein.

Tickets für die Vorstellungen gibt es zwischen 21,00 und 106,00 Euro im Opernshop Düsseldorf (Tel. 0211.89 25 211) und online über www.operamrhein.de.

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